Reinhardtsgrimma, ev. Kirche

Orgel von Gottfried Silbermann (Freiberg), 1731.


© Gabriel Isenberg, 16.05.2014
© Gabriel Isenberg, 16.05.2014

Schon früh lässt sich in der Dorfkirche Reinhardtsgrimma, die um 1550 ihre heutige Bauform erhielt, eine intensive Musikpflege nachweisen. Spätestens im 17. Jahrhundert erhielt die Kirche auch ihre erste Orgel. Das kleine Instrument stand laut einem Gutachten Gottfried Silbermanns an ungünstiger Stelle im Chorraum und verfügte über eine kurze große Oktave.

Silbermann schlug den Bau einer neuen Orgel vor, wofür der Vertrag im Juni 1729 geschlossen wurde. Das Werk stellte Gottfried Silbermann mit Unterstützung durch seinen Neffen Johann Georg Silbermann und den Gesellen Johann Georg Schön als sein 21. Werk auf. Die Einweihung erfolgte am Epiphanias-Fest, den 6. Januar 1731. Bei der Abnahmeprüfung bemerkte der Dresdner Kreuzorganist Emanuel Behnisch, er habe die neue Orgel „allenthalben tüchtig befunden“.

Die barocken Umgestaltungsarbeiten, die ab 1742 durch den Baumeister Andreas Hünigen im Kirchenraum stattfanden, hatten keine Auswirkungen auf die Orgel. Auch weitere Änderungen gab es bis zur Mitte des 19. Jahrhundert nicht. Carl Traugott Stöckel aus Dippoldiswalde führte 1852 eine Überholung durch, bei der u. a. neue Kastenbälge anstelle der originalen Keilbälge eingebaut wurden, eine Pedalkoppel hinzukam und das teilweise überarbeitete Pfeifenwerk eine gleichschwebende Stimmung und Neuintonation erhielt. 1909/10 ergänzte Johannes Jahn (Dresden) das Register Salicional 8' auf einer pneumatischen Zusatzlade.

Eine weitere Veränderung erfolgte 1953 durch die Fa. Gebr. Jehmlich (Dresden): Anstelle der Kastenbälge bauten sie einen neuen Schwimmerbalg, der Winddruck wurde von 94 auf 70 mmWS gesenkt und die Intonation neu vorgenommen.

Die klangliche Gestalt des Instruments zeigte sich somit stark verändert gegenüber der ursprünglichen Form. Der Dresdner Kreuzorganist Herbert Collum schätze „das kleine Wunder der Orgelbaukunst“ sehr und rief 1936 eine viel beachtete Konzertreihe in der Dorfkirche Reinhardtsgrimma ins Leben.

1974 konservierte und rekonstruierte Peter Taubert die Farbfassung und Vergoldung des Gehäuses. Durch die Orgelbauwerkstatt Kristian Wegscheider (Dresden) erfolgte 1997 eine Restaurierung und Rückführung der Orgel auf den Originalzustand. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehörten dabei die Rekonstruktion der Keilbalganlage, die Entfernung des Salicional, die Erhöhung des Winddrucks und die damit verbundene Neuintonation nach den Grundsätzen Gottfried Silbermanns sowie die Stimmung in ungleichstufiger Temperatur.

Helmut Walcha schrieb schon 1933 über die Silbermann-Orgel in Reinhardtsgrimma: „Dieses mir bisher unbekannte zweimanualige Werk Silbermanns gehört zu den schönsten Orgeln, die ich kenne. Der Klang dieser geradezu bezaubernd schönen Orgel ist eigentlich unbeschreiblich… Der singende Ton und der milde Glanz, der über dem Register liegt, sind Eigenschaften Silbermann’scher Prinzipale, die hier in einem ganz übergroßen Maße zu Tage treten. Die beiden Rohrflöten sind in ihrem warmen, weichen, tragfähigen Tone geradezu unbeschreiblich.“ Diese Einschätzung darf auch heute gelten. Ihr einmaliger Klang begründet den weit über die Grenzen Sachsens reichenden Ruhm der kleinen Dorfkirchen-Orgel.

I. HAUPTWERK | CD–c³

Principal 8'

Rohr-Fleute 8'

Qvinta dena 8'

Octava 4'

Spiz-Fleute 4'

Qvinta 3'

Octava 2'

Cornett [3f. ab c¹]

Mixtur 4f.

Manualschiebekoppel II-I

II. HINTERWERK | CD–c³

Gedacktes 8'

Rohr-Fleute 4'

Naßat 3'

Octava 2'

Tertia 2' [recte: 1 3/5']

Qvinta 1 1/2'

Suffleute 1'

Zÿmbeln 2f.

Tremulant

PEDAL | CD–c¹

Sub Baß 16'

Octaven Baß 8'

Posaunen Baß 16'

Pedal Koppel [I-P]


Klingel (= Kalkantenruf).

Stimung im „Chorton“ (a¹ = 465 hz), ungleichstufige Temperierung nach Wegscheider.

Mechanische Schleiflade.

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D-01768 Glashütte-Reinhardtsgrimma | Kirchberg 7


Quellen und Literatur: Frank-Harald Greß, Die Orgeln Gottfried Silbermanns, Dresden 2000, S. 86 ff. ⋄ u. v. m.

 

Nr. 491 | Diese Orgel habe ich am 16.05.2014 gespielt.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 30.04.2023.