Walbeck, St. Nikolaus

Luciastraße • D-47608 Geldern


Kirche

Der erste nachgewiesene Bau war eine kleine Saalkirche aus dem 12. Jahrhundert, die später durch einen Westbau und einen quadratischen Chor erweitert wurde. Im 14. Jahrhundert (vielleicht 1329) ersetzte man diesen romanischen Chor durch einen polygonalen Chorraum. Der heutige Turm (15. Jhd.) gehört zu einem einschiffigen Langhaus, das an Stelle des romanischen errichtet wurde. Das siebenjochige Langhaus mit Kreuzrippengewölbe, das südliche Seitenschiff und der gotische Chor entstanden im 16. Jahrhundert.

Orgel

Im Jahre 1752 baute Henricus Titz, der seit 1751 als Orgelbauer in Korschenbroich bei Mönchengladbach nachweisbar ist, die Orgel für das Kreuzherrenkloster in Venlo (Niederlande). Von ihm stammt heute noch der größte Teil des erhaltenen barocken Gehäuses. Es wird vermutet, dass vielleicht ein Klosterschreiner aus Brüggen oder Venlo das prächtige, reich verzierte Gehäuse samt Empore geschaffen hat.

Die ursprüngliche Disposition ist nahezu unbekannt, da die Orgel bereits 1770 von dem Orgelbauer Joan Theodor Gilman aus Kornelimünster (Aachen) völlig umgebaut wurde. Dabei wurde der Spieltisch an die Rückseite der Orgel verlegt, das gesamte Pfeifenwerk unter Verwendung alter Teile umgebaut.

Die Säkularisation im 18. Jahrhundert bedeutete die Aufhebung des Kreuzherrenklosters in Venlo. So wurde die Orgel 1803 der Walbecker Gemeinde zum Verkauf angeboten. Die Umsetzung nach Walbeck erfolgte durch den Schreiner Berkulaer und Johann Henricus Titz aus Grefrath.

1820 führte der Orgelbauer van Dinter aus Tegelen (Niederlande) eine große Reparatur durch, um die Orgel wieder in spielfähigen Stand zu versetzen. Außerdem wurde der Spieltisch auf die linke Seite der Orgel versetzt und der Manualumfang bis zum c5 erweitert! Ein geplanter Umbau durch B. Tibus aus Rheinberg 1890 wurde nicht durchgeführt, dadurch ist aber die alte Disposition der Orgel überliefert.

Nach einem vernichtenden Gutachten von W. Bauer wurde die Orgel 1929 abgebrochen und durch ein neues Werk der Firma Franz Breil aus Dorsten ersetzt, dass jedoch hinter den barocken Prospekt gesetzt wurde. Wenn auch 1970 noch einige Veränderungen an dem spätromantisch, schon leicht von der Rückbesinnung auf den barocken Orgelbau geprägten Instrument vorgenommen wurden, so waren doch bald die technischen und klanglichen Mängel unüberhör- und -sehbar.

So entschloss sich die Gemeinde 1986 zu einem Neubau. Es galt, eine Orgel zu schaffen, die klanglich und technisch in harmonischem Einklang mit dem alten Gehäuse steht. Dazu wurden alle verfügbaren Spuren ausgewertet und die Eigenarten der ursprünglichen Disposition aufgegriffen, um sich der historischen Orgel so weit wie möglich zu nähern.

Die Arbeiten wurden von der kompetenten Elsässer Orgelbauwerkstatt Muhleisen aus Strasbourg durchgeführt und 1993 abgeschlossen, die für die Walbecker Pfarrkirche ein erstklassiges Instrument von beeindruckender Klangschönheit schuf.

Das Werk der Groß Orgel steht im oberen Hauptgehäuse in C- und Cis-Seite geteilt, die Pfeifen dem Prospekt folgend in Terzaufstellung. Das Positiv in chromatischer Aufstellung ist im Untergehäuse untergebracht. Unsichtbar vom Kirchenschiff steht das Pedalwerk in einem eigenen Gehäuse über dem Spieltisch hinter dem Hauptgehäuse, diatonisch in C- und Cis-Seite geteilt.

Die Spielanlage ist rückseitig an das Gehäuse angebaut. Zu deren beiden Seiten sind die gedrechselten Registerzüge angeordnet, jeweils oben für Groß Orgel, darunter Positivregister, in waagerechter Reihe darunter die Pedalregister. Die Zugknäufe sind drehbar, um die gewünschten Register für die Plenumtritte vorzubereiten. Über Fußtritte können die Plena für Groß Orgel und Positiv eingeschaltet werden. Als Tritte sind ebenfalls die Zungen-Appels und die Pedalkoppeln vertreten. Die Orgel ist vollmechanisch und hat Schleifladen. Die Spieltraktur ist hängend gebaut. Die zentrale Windversorgung erfolgt über drei übereinander liegende Keilbälge (72 bis 85 mm WS), die Tremulanten sind als Kanaltremulanten gebaut.

Disposition

I. POSITIV | C–g³

Bourdon 8'

Salicional [8']

Flüttravers 8' Discant

Prestant [4']

Flüt 4'

Nazar 3'

Flüt 2'

Terzian 1 3/5'

Quint 1 1/2'

Mixtur [4f.]

Hautbois [8']

Vox humana [8']

Tremulant

 

II. GROß ORGEL | C–g³
Bourdon 16'

Montre [8']

Bourdon 8'

Flüt 8'

Gamba [8']

Prestant [4']

Holzflöt 4'

Nazar 3'

 

Octav 2'

Terziana [1 3/5']

Mixtur [3–4f.]

Cimbal [3f.]

Cornet [5f. 8', ab c¹]

Trompet [8']

Clairon [4']

Tremulant

Koppel I–II

PEDAL | C–f¹

Soubass [16']

Flöt 16'

Bourdon [8']

Flöt 8'

Flöt 4'

Bombard [16']

Trompet [8']

Clairon [4']

Koppel II–P

Koppel I–P


Frei einstellbare Plenumtritte für Positiv und Groß Orgel, Appels (Ped. Zungen an/ab, G.O. Zungen an/ab).

Mechanische Schleiflade.

© Gabriel Isenberg, 2001