Elberfeld, Stadthalle am Johannisberg

Orgel von Siegfried Sauer (Höxter-Ottbergen), 1997.


© Gabriel Isenberg, 07.08.2003
© Gabriel Isenberg, 07.08.2003

Der Bau des Konzert- und Versammlungshauses Stadthalle Wuppertal wurde in den Jahren 1896 bis 1900 auf dem Gelände des ehemaligen Wirtshauses Abraham Küpper ausgeführt, in dessen Festsaal bis zu 1000 Personen Platz fanden. Vom 6. bis zum 8. Juli 1900 fanden die Feierlichkeiten zur Einweihung der Stadthalle mit einem glanzvollen Musikfest statt, bei dem unter anderem der junge Richard Strauss dirigierte. Ohne größere Schäden überstand die Stadthalle die beiden Weltkriege. In den 1950er-Jahren jedoch hatte man den Charakter und die Ästhetik der Säle zu Gunsten der damaligen architektonischen Stilrichtung grundlegend verändert. Sämtliche Malereien und farbige Fassungen fielen einer einheitlichen Farbgebung zum Opfer. In den Jahren 1991–95 erfolgte die aufwändige Sanierung und Restaurierung der Historischen Stadthalle. Seither zeugen bis zu 500 Veranstaltungen pro Jahr von der Begeisterung der Gäste und Veranstalter für dieses architektonische Juwel.
Die große Konzertorgel ist eine Stiftung von Mitgliedern der Familie Mittelsten Scheid (Gesellschafter des Wuppertaler Unternehmens Vorwerk & Co.) und wurde 1997 von der Werkstatt Siegfried Sauer aus Höxter-Ottbergen erbaut.
Die erste Orgel der Stadthalle wurde gleichzeitig mit der Halle im Jahr 1900 eingeweiht. Sie stammte aus der Werkstatt Wilhelm Sauer (Frankfurt/Oder), hatte 56 Register auf 4 Manualen und Pedal und war mit pneumatisch gesteuerten Kegelladen ausgestattet. Bis 1940 wurde dieses Instrument regelmäßig gespielt. Mangelnde Wartung in der Folgezeit führte jedoch dazu, dass die Orgel zunehmend störanfällig wurde und schließlich nicht mehr zu benutzen war. So wurde die Orgel 1957 bei der Renovierung des Großen Saals kurzerhand abgebrochen und vernichtet. Ein neues Instrument von der Firma Rieger mit 21 Registern, verteilt auf zwei Manualwerke, die in zwei Gehäusen als getrennte Orgeln dienen konnten, wurde 1955 stattdessen aufgestellt. In jeder Hinsicht konnte dieses Instrument den Ansprüchen einer Konzertsaalorgel allerdings kaum standhalten, so dass es mit Beginn der Restaurierungsarbeiten der Stadthalle im Dezember 1991 veräußert wurde.
Durch die Initiative des Freundeskreises Wuppertaler Orgeltage (WOT) wurden zahlreiche Spenden für den Bau einer neuen Orgel gesammelt, bis sich besagte Stifter fanden, die die Finanzierung der neuen Orgel ganz selbst übernahmen. Somit konnten die bereits vorhandenen Spendengelder nun zusätzlich für die Wiederherstellung des ursprünglichen Fernwerks im Dachboden über dem Festsaal eingesetzt werden. Ein kurz vor Fertigstellung der Orgel durch die Sprenkleranlage hervorgerufener Wasserschaden konnte die Einweihung nur kurz verzögern.
In Disposition und Intonation ist die Orgel in geradezu optimaler Weise auf die akustischen Verhältnisse in der Stadthalle abgestimmt. Bei einem breiten grundtönigen Fundament klingt die Orgel doch nicht mulmig, und die höherliegenden Stimmen stechen nicht unangenehm hervor, sondern verleihen dem Klang einen besonderen Glanz.
Das Gehäuse in Black Cherry passt sich den architektonischen Formen der Stadthalle an, ohne sie zu kopieren. Das Pedalwerk ist in den beiden seitlichen Türmen angebracht. Dazwischen befindet sich das Hauptwerk mit dem vorgebauten Positiv. An oberster Stelle steh das Schwellwerk, dessen Schwellerjalousien sich direkt hinter den Prospektpfeifen befinden. Die horizontale Hochdruck-Zungenstimme ist dem Tuba-Register des englischen Orgelbauers Henry Willis nachgebaut.
In die Orgelfront ist ein mechanischer Spieltisch eingebaut. Das Fernwerk, das über kleine Öffnungen in der Saaldecke in den Raum spricht, ist nur über den fahrbaren elektrischen Spieltisch zu spielen (vom 2. Manual aus), der über Lichtwellenleiter mit der Orgel verbunden ist.

I. HAUPTWERK | C–a³
Praestant 16'
Prinzipal 8'
Doppelflöte 8'
Viola da Gamba 8'
Oktave 4'
Hohlflöte 4'
Quinte 2 2/3'
Superoktave 2'
Cornett 5f. 8' [ab cº]
Mixtur 5f. 2'
Acuta 4f. 1 1/3'
Trompete 16'
Trompete 8'
Trompete 4'

Koppel III–I

Koppel II–I

Subkoppel III–I

II. POSITIV | C–a³
Praestant 8'
Holzgedackt 8'
Quintade 8'
Oktave 4'
Rohrflöte 4'
Quinte 2 2/3'
Schwegel 2'
Terz 1 3/5'
Superquinte 1 1/3'
Scharff 4f. 1'
Dulcian 16'
Cromorne 8'
Tremulant

Koppel III–II

II. FERNWERK | C–a³
Stillgedackt 16'
Fernflöte 8'
Salicional 8'
Vox angelica 8'
Fugara 4'
Flauto dolce 4'
Violine 2'
Harmonia aetherea 4f. 2 2/3'
Glockenspiel [4' ab gº]
Glockenspiel Dämpfung ab
Fernwerk an

III. SCHWELLWERK | C–a³
Bourdon 16'
Principal 8'
Bourdon 8'
Flûte harmonique 8'
Gambe 8'
Voix céleste 8' [ab cº]
Praestant 4'
Flûte octaviante 4'
Nasard 2 2/3'
Octavin 2'
Tierce 1 3/5'
Sifflet 1'
Fourniture 5f. 2 2/3'
Basson 16'
Tromp. harmonique 8'
Hautbois 8'
Voix humaine 8'
Clairon harmonique 4'
Tremulant

Subkoppel III


PEDAL | C–f¹
Untersatz 64' [2002, akustisch]
Bordun 32'
Prinzipal 16'
Violonbaß 16'
Subbaß 16'
Oktavbaß 8'


Gedacktbaß 8'
Tenoroktave 4'

Baßflöte 4'
Hintersatz 5f. 22/3'
Kontrafagott 32'
Posaune 16'


Trompete 8'
Koppel III–P

Koppel II–P

Koppel I–P

SOLOWERK | C–a³
Tuba mirabilis 8'

frei koppelbar an I, II, III und P


Elektronische Setzeranlage (4x8x8) mit Sequenzern, Tutti, Nulltaster und frei einstellbarem Registercrescendo; Diskettenlaufwerk (seit 2002)
Digitalanzeigen für beide Schwellwerke, Setzeranlage und Registercrescendo
Einzelabsteller (für alle Mixturen und Zungenstimmen)

Schleiflade, elektrische Registertraktur; Spieltraktur mechanisch, vom fahrbaren Spieltisch aus elektrisch.

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D-42103 Wuppertal-Elberfeld | Johannisberg 40


Quellen und Literatur: Konzerthalle der Stadthalle Wuppertal, Informationsblatt der Firma Sauer ⋄ Programmheft der 51. Internationalen Orgeltagung der GdO 2003.

 

Nr. 173 | Diese Orgel habe ich am 07.08.2003 im Rahmen der 51. Internationalen Orgeltagung der Gesellschaft der Orgelfreunde in Bochum besucht und in einem kleinen, spontanen Konzert (in Vertretung für den eigentlich vorgesehenen Organisten) vorgestellt.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 28.02.2023.