Füssen, St. Mang

Orgel von Josef Zeilhuber (Altstädten/Allgäu), 1956

Im Gehäuse der Orgel von Andreas Jäger (Füssen), 1753, und unter Verwendung von Pfeifenwerk aus der Orgel von Balthasar Pröbstl (Füssen), 1882.


© Gabriel Isenberg, 18.10.2023
© Gabriel Isenberg, 18.10.2023

Oberhalb des Lechs an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich erhebt sich eindrucksvoll der Bau der St.-Mang-Kirche in Füssen, ehemals Kirche des Benediktinerklosters, seit der Säkularisation katholische Pfarrkirche.

In der Vorgängerkirche aus dem 11. Jahrhundert war bereits um 1395 eine Orgel vorhanden. 1561 ist eine Reparatur durch den Füssener Instrumentenmacher Georg Gerle nachgewiesen. Um 1596 ließ die Abtei in ihrer Kirche eine neue Orgel erstellen – vermutlich ein Werk des ortsansässigen Meisters Hans Schwarzenbach, mit einem von Meister Jakob Hiebler (dem Schöpfer des „Füssener Totentanzes“) gestalteten Gehäuse.

Der Dreißigjährige Krieg hatte deutliche Spuren an den Gebäuden von Kirche und Kloster hinterlassen; auch die Orgel war nicht unbeschädigt geblieben und musste 1642 durch Simon Hayl aus Irsee repariert werden. Die bis heute erhaltene Barockkirche nach den Plänen von Johann Jakob Herkomer wurde im Februar 1717 feierlich eingeweiht. Bis zur Vollendung der Ausstattung dauerte es aber noch etliche Jahre, so dass hier zunächst die alte Orgel wieder Verwendung fand.

Es war der musikalisch versierte Abt Gallus Zeiler (1705–1755), der kurz nach seinem Amtsantritt 1750 den Weg für den Bau einer neuen Orgel durch den Füssener Orgelbauer Andreas Jäger bereitete. Das erste Angebot legte Jäger 1751 vor, 1753 war das Instrument fertiggestellt. Das prächtige Orgelgehäuse ist deutlich von der nur wenige Jahre zuvor erbauten Orgel Joseph Gablers in Weingarten inspiriert und fügt sich elegant in den Kirchenraum mit den großen Fenstern ein. Der von dem Pfrontener Bildhauer Peter Heel gestaltete reiche Gehäuseschmuck mit dem 24-köpfigen Engelorchester stellt die „himmlische Musik“ dar, in deren Mitte der Harfe spielende König David auf dem mittleren Gehäusefeld sitzt.

Die 31 Register und drei Nebenzüge umfassende Disposition ist erstmals aus der Zeit um 1840 in der „Haus-Chronik“ des Füssener Orgelbauers Balthasar Pröbstl überliefert. Durch seinen Vater Joseph Pröbstl wurde die infolge der Säkularisation vernachlässigte und stark vom Holzwurm befallene Orgel in mehreren Etappen in den Jahren 1839 bis 1846 repariert – dabei handelte es sich aus Kostengründen nur um die notwendigsten Arbeiten. Weitere Arbeiten zur Instandsetzung der Orgel erfolgten in den Jahren 1871 bis 1882 durch Balthasar Pröbstl, wobei das gesamte Werk auf mechanische Kegelladen umgestellt wurde. Die Disposition wurde nur geringfügig verändert.

Die heutige Klanggestalt der Orgel geht auf einen technischen Neubau von 1956 zurück, als die Fa. Josef Zeilhuber aus Altstädten/Allgäu unter Verwendung des vorhandenen Registermaterials in dem barocken Orgelgehäuse ein neues, 37 Register umfassendes Werk auf elektrischen Kegelladen errichtete. Maßgeblich war der Organist und Komponist Prof. Arthur Piechler (1896–1974) an der Planung des Instruments beteiligt, der eine Disposition entwarf, die auch das Spiel von romantischer Orgelliteratur erlauben sollte. Außergewöhnlich ist die Einrichtung des Schwellwerks zu beiden Seiten des Untergehäuses, das durch aufschwenkbare Gehäuseteile in der Lautstärke verändert werden kann. 1978 erfolgten kleinere Veränderungen durch die Fa. Zeilhuber, u. a. im III. Manual der Ersatz der Schwebung 8' durch eine Sifflöte 1 1/3' und der Austausch der Mixtur gegen Scharff 4f. 1'; das Hauptwerk erhielt zusätzlich eine Feldtrompete 4'.

2011/12 erfolgte eine umfassende Sanierung der Orgel durch die Orgelbauwerkstatt Siegfried Schmid (Kaufbeuren). Dabei entschied man sich bewusst gegen einen dem barocken Gehäuse entsprechenden Neubau, sondern führte die Disposition auf den Stand von 1956 als „herausragendes Dokument für den Orgelbau der 1950er Jahre“ zurück. Neben einer Generalreinigung wurde die gesamte Orgelelektrik erneuert und die Intonation komplett überarbeitet. Links neben dem Spieltisch ist nun ein separates Registertableau angebracht, über das auch der moderne Setzer sowie weitere Oktavkoppeln bedient werden können; die Registersteuerung erfolgt wahlweise über die Züge und Schalter am Spieltisch (der in der Gestaltung von 1956 beibehalten wurde) oder über das Registertableau (Schalter „Setzer an“). Die Weihe der renovierten Orgel fand am 8. Juli 2012 durch den Bischof von Augsburg und mit Prof. Harald Feller an der Orgel statt.

In der Orgel ist bis heute auch Pfeifenwerk von Andreas Jäger und (in größerem Umfang) von Balthasar Pröbstl enthalten. Damit vereint das Instrument mehrere denkmalwerte Bauschichten und ist somit ein besonderes Dokument der bewegten Geschichte einer hochwertigen Kirchenmusikpflege an St. Mang in Füssen.

I. HAUPTWERK | C–g³

Bordun 16'

Prinzipal 8'

Spitzflöte 8'

Gedeckt 8'

Oktave 4'

Flöte 4'

Nasard 2 2/3'

Superoktav 2'

Kornett [3f.] 2 2/3'

Mixtur [4f.] 2'

Trompete 8'

Koppel III–I

Koppel II–I

Koppel III–I 16'

Koppel III–I 4'

Koppel I–I 16'

Koppel I–I 4'

II. BRÜSTUNGSPOSITIV | C–g³

Gedeckt 8'

Quintade 8'

Prästant 4'

Flöte 4'

Schwiegel 2'

Quinte 1 1/3'

Zimbel [3f.] 1'

Krummhornregal 8'

Tremolo II. M.

Koppel III–II

Koppel III–II 16'

Koppel II–II 16'

Koppel II–II 4'

III. SCHWELLWERK | C–g³

Nachthorn 8'

Salizional 8'

Schwebung 8'

Prinzipal 4'

Waldflöte 2'

Mixtur [4f.] 2 2/3'

Fagott 16'

Helle Trompete 8'

Clarine 4'

Tremolo III. M.

Koppel III–III 16'

Koppel III–III 4'

PEDAL | C–f¹

Prinzipalbaß 16'

Contrabaß 16'

Subbaß 16'

Quintbaß 10 2/3' [Ext. aus S.16']

Oktavbaß 8'

Groß-Nasat [2f.] 5 1/3'

Choralbaß 4'

Flötbaß 2'

Mixtur [4f.] 2 2/3'

Posaune 16'

Trompete 8' [Transm.]

Koppel III–P

Koppel II–P

Koppel I–P

Koppel III–P 4'


Am Spieltisch: Zwei freie Kombinationen, Auslöser, unter jedem Manual P.p., Registercrescendo (mit „Cresc. ab“), Zungen-Absteller (einzeln).

Separatres Registertableau: Elektronische Setzeranlage; Sequenzer (als Fußtritt im Spieltisch); oben kursiv gedruckte Koppeln und Register nur über das Registertableau schaltbar; Setzer an/aus.

Elektrische Kegellade.

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D-87629 Füssen | Manugsplatz 1


Quellen und Literatur: Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas, Historische Orgeln in Schwaben, München/Zürich 1982, S. 92 ⋄ Alfred Reichling, Andreas Jäger (1704–1773) und seine Orgelbauten für Füssen, in: Stephan Hörner/Friedrich W. Riedel (Hrsg.), Abt Gallus Zeiler OSB (1705–1755) und die Musikpflege im Kloster St. Mang in Füssen, Tutzing 2007, S. 131–143 ⋄ Helene von Rechenberg, Zu Zierde und Lob der Kirchen. Der Füssener Orgelbauer Andreas Jäger (1704–73): ein Rundgang zu seinen Orgeln in Lechstadt, in. Organ. Journal für die Orgel, S 24–29 ⋄ Deutsche Stiftung Denkmalschutz ⋄ Orgelbau Schmid ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 656 | Diese Orgel habe ich am 18.10.2023 besucht.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 27.10.2023.