Ootmarsum, St. Simon en Judas

Orgel von Franz Joseph Epmann (Essen), 1812–14.


© Gabriel Isenberg, 17.07.2023
© Gabriel Isenberg, 17.07.2023

Die röm.-kath. Kirche St. Simon und Judas im niederländischen Ootmarsum (Provinz Overijssel) wurde in den Jahren 1196 bis 1220 errichtet und später mehrfach verändert – stilistisch steht sie den westfälischen Hallenkirchen nahe, starke Ähnlichkeiten hat sie z. B. mit der Kirche in Legden.

Die Existenz einer Orgel ist bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts anzunehmen, da in einer Handschrift 1503 von der Verpflichtung eines Geistlichen die Rede ist, der „nach alter Gewohnheit“ („na older gewoonte“) die Orgel spielt. Die Gebrüder Cornelis und Michael Slegel aus Zwolle bauten 1567/69 eine neue Orgel, über die keine genaueren Angaben bekannt sind.

Nach der Übernahme der Kirche durch die niederländisch-reformierte Gemeinde wurde die Orgel zunächst nicht genutzt, da ihr Einsatz im Gottesdienst nicht gestattet war. Als das Spiel der Orgel wieder erlaubt wurde, erfolgte 1650 eine Restaurierung des Instruments.

1781 baute Eberhard Berner aus Osnabrück eine neue, 22 Register umfassende Orgel, bei der er vermutlich Material der Slegel-Orgel wiederverwendete. Die Berner-Orgel wurde 1809/10, als die St.-Simon-und-Judas-Kirche auf Weisung Napoleons wieder an die römisch-katholische Gemeinde überging, durch Georg Heinrich Quellhorst (Oldenzaal) in die neue niederländisch-reformierte Kirche übertragen (wo sie bis heute erhalten ist).

In der katholischen Kirche baute der Essener Orgelbauer Franz Joseph Epmann in den Jahren 1812–14 eine neue Orgel. Über den Bau sind keine archivalischen Unterlagen erhalten, doch hat sich der Orgelbauer an zwei Stellen im Gehäuse mit Kreideinschriften verewigt: „Epman 28 may 1814“; dieses Datum gibt vermutlich die Fertigstellung des Instruments an. Der Sohn Franz Anton Epmann, der nach eigenem Bekunden beim Bau beteiligt war, gibt als Baujahr später allerdings als Baujahr 1814/15 an. Die Abnahme des fertigen Werks erfolgte durch den Orgelbauer Rudolph Knol aus Hasselt.

Die Orgel mit ihrer 29 Register umfassenden Disposition wird erstmals in den 1850er Jahren in G. H. Broekhuijzens „Orgelbeschrijvingen“ dokumentiert. Der bei Broekhuijzen genannte Orgelbauername „Franz Friedrich Epmann“ wird bis heute als Erbauer der Orgel in Ootmarsum angegeben. Unzweifelhaft muss aber Franz Joseph Epmann zusammen mit seinem Sohn Franz Anton Epmann als Erbauer der Ootmarsumer Orgel genannt werden. Der in Paris ausgebildete Orgelbaumeister Epmann senior fertigte etwa zur gleichen Zeit eine neue Orgel in der Essener Münsterkirche – die Orgel in Ootmarsum wird in der Phase der Bauunterbrechung in Essen ab 1811 entstanden sein.

Beim Bau verwendete Epmann verschiedene ältere Bestandteile anderer Herkunft wieder, darunter ein Teil des Pfeifenwerks, die Windladen des Unterwerks und das Hauptwerks-Gehäuse. Auf dem bekrönenden Gehäuseaufsatz ist auf der Rückseite der Uhr die Inschrift „J. B. Clausing en Lucas Bonke Aº 1812“ zu lesen. Diese Inschrift führte zu der irrigen Annahme, dass Epmann Teile einer Orgel des Herforder Orgelbauers Johann Bernhard Klausing verwendet haben könnte. Der erstgenannte Name weist allerdings auf den in Ootmarsum ansässigen Maler Jan Bernard (Jannes) Clausing (um 1770–1815) hin; Lucas Bonke (1774–1848) war Maler in Lage.

1868–70 führte Gerardus Elberink aus Oldenzaal eine umfassende Renovierung durch, bei der das Werk auf der Empore nach hinten versetzt wurde, um Platz für den Chor zu schaffen. Dabei wurde auch die Disposition verändert und die Mechanik erneuert. Die ursprüngliche Anordnung der Werke lässt sich nicht zweifelsfrei rekonstruieren; möglicherweise fügte Elberink das Unterwerk mit neu gestaltetem Prospekt in das Hauptgehäuse ein und verlegte die Spielanlage an die Seite.

Kleinere Instandsetzungarbeiten erfolgten zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die Fa. Maarschalkerweerd & Zoon (1915 Reparatur für 250 Gulden; 1923 neuer Balg und elektrischer Gebläsemotor). Eine größere Instandsetzung nahm die Fa. Jos Vermeulen (Alkmaar) 1948/49 vor.

Eine erste Restaurierung wurde 1969–74 erneut durch die Fa. Jos Vermeulen durchgeführt, sie erfolgte unter Aufsicht von Hans van der Harst und Dr. P. J. de Bruyn vom Katholieke Klokken en Orgelraad (KKOR) sowie der Denkmalschutzbehörde Rijksdienst voor de Monumentenzorg. Die Register Sesquialtera, Trompete, Cimbel, Fagott/Hautbois und Clairon wurden nach historischen Vorbildern neu gefertigt. Die Restaurierung der Farbfassung erfolgte durch den ortsansässigen Betrieb Wilms & Zn. (dessen Senior bei den Arbeiten tragischerweise ums Leben kam), die Ornamente wurden durch den Restaurator A. F. M. Jansen aus Ootmarsum wiederhergestellt. Die Wiedereinweihung erfolgte am 24. März 1974.

Im Rahmen einer Teilrestaurierung durch die Fa. Flentrop Orgelbouw (Zaandam) im Jahr 2006 fand eine Generalreinigung statt, die Windladen wurden restauriert und die Traktur sowie das Labialpfeifenwerk überholt, die Intonation wurde komplett überarbeitet. Eine weitere Restaurierung erfolgte 2018 durch die Fa. Gebr. Van Vulpen (Utrecht), u. a. mit Erneuerung des Hauptbalgs, Überarbeitung der Spielanlage und Reparatur der Zungenregister sowie Intonationskorrekturen auf niedrigerem Winddruck (71 mmWS). Nach Abschluss der Arbeiten im April 2018 erfolgten 2019/20 unter Anleitung des Orgelsachverständigen Henk Verhoef erneute Korrekturen durch die Fa. Van Vulpen, u. a. wurde die Koppel Postiv an Pedal hinzugefügt.

Das Hauptgehäuse ist in Hauptwerk (oben) und Positiv (unten) gegliedert, die Spielanlage ist an der linken Seite an das Positiv angebaut. Flankiert wird die Orgel von den beiden schmalen Pedaltürmen an beiden Seiten. Die Pedalladen umfassen 20 Töne von C–gº, ab gisº repetieren die Töne der bis d¹ ausgebauten Pedalklaviatur in die untere Oktave. Ein Großteil des Pfeifenwerks stammt von Epmann 1814 bzw. aus dem von ihm verwendeten älteren Bestand, vier Register sind von 1870, fünf weitere von 1974, teilweise sind Register aus Pfeifenwerk unterschiedlicher Herkunft zusammengestellt.

I. POSITIEF | C–f³

Principal 4'

Bordun 8'

Quintadena 8' Bass/Disc.

Viola di Gamba 8'

Flauto traverso 8' Disc.

Flöte douce 4'

Cimbel 4f.

Superoctave 2'

Spitzflöte 2' Bass/Disc.

Fagott 8' Bass

Hautbois 8' Disc.

Tremulant

II. HOOFDWERK | C–f³

Principal 8'

Bordun 16'

Octave 8' Disc.

Rohrflöte 8'

Gedackt 8'

Octave 4'

Quinte 3'

Superoctave 2'

Flöte 4'

Mixtur 4f.

Waldflöte 2'

Sesquialtera [3f.]

Trompete 8' Bass/Disc.

Koppel Man. Pos.

PEDAAL | C–d¹ (Laden bis gº)

Principal 16'

Subbass 16'

Octave 8'

Posaune 16'

Trompete 8'

Clairon 4'

Koppel Ped. Man.

Koppel Ped. Pos.

 

 

 

 

 

Ventil


Mechanische Schleiflade.

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NL-7631 BX Ootmarsum | Kerkplein


Quellen und Literatur: Geschiedenis van Kerk en Parochie Ootmarsum (hrsg. von der Stichting Heemkunde Ootmarsum), Ootmarsum 1994, S. 119–122 und S. 126–131 ⋄ A[lbert] Jansen, Historische orgels in Ootmarsum, Elburg [1989] ⋄ Jan Jongepier, Het Historische orgel in Nederland, Bd. 4 (1790–1818), 1999, S. 291–294 ⋄ Frdl. Mitteilung von Henk Verhoef ⋄ Eigene Forschungen zum Orgelbauer Franz Joseph Epmann ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 651 | Diese Orgel habe ich am 18.07.2023 besucht.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 09.08.2023.