Praha-Hradčany (Prager Burg), Narození Páně v Loretě (Geburtskirche im Loreto)

Orgel von Jan Bohumír Halbich, vollendet von Franz Katzer und Kaspar Weltzel (Králíky), 1734–38.


© Gabriel Isenberg, 03.08.2009
© Gabriel Isenberg, 03.08.2009

Der Bau der bekanntesten tschechischen Loretokirche wurde von der Casa santa in der italienischen Stadt Loreto inspiriert – sie symbolisiert die arme Behausung, in der der Erzengel Gabriel in Nazareth der Jungfrau Maria verkündete, dass sie die Mutter Gottes sein wird.

Gegründet wurde die Prager Loretokirche im Jahr 1626 von der Gattin Wilhelm Popels von Lobkowicz, Benigna Katharina. Die Prager Kapuziner, die die geistliche Verwaltung des neuen Wallfahrtsortes übernommen hatten, ließen in der Nachbarschaft der Kirche ein Kloster – das erste ihres Ordens in Böhmen – errichten. Die Kirche erfuhr mehrfach Veränderungen: 1721 wurde die barocke Front durch Christoph und Kilian Ignaz Dientzenhofer errichtet, 1734/35 erfolgte eine umfassende Umgestaltung durch Johann Georg Aichbauer d. J. und Kilian Ignaz Dientzenhofer.

Das Prager Loreto ist unter anderem dank seines barocken Glockenspiels wie auch der kostbaren Schatzkammer mit der diamantenen Monstranz, der „Prager Sonne“, berühmt geworden.

Am 25. Juli 1717 schloss man den Vertrag mit dem Prager Orgelbauer Leopold Spiegel zum Bau der ersten Orgel für die Loretokirche – fertiggestellt war das Werk am 28. August 1718. Vermutlich ließ sich diese Orgel nicht in die zuletzt 1734/35 neu gestaltete Fensterfront der Kirche integrieren, so dass man die gerade erst wenige Jahre alte Orgel durch einen Neubau ersetzte. Dazu beauftragte man 1734 den böhmischen Orgelbauer Jan Bohumír Halbich (Králíky). Dieser verstarb offenbar über die Arbeiten an der Orgel, so dass man deren Vollendung 1738 den Meistern Franz Katzer und Kaspar Weltzel (ebenfalls in Králíky) übertrug.

Als die Kirche während der Zeit des Sozialismus hauptsächlich als profaner Konzertsaal diente, wurde Orgel Ende der 1960er Jahre von der Orgelbaugenossenschaft IGRA um eine pneumatische Ansatzlade erweitert. Diese Änderung nahm Vladimír Šlajch (Borovany) im Zuge der Restaurierung des Werks 1989–92 zurück und führte die Orgel auf den Zustand von 1738 zurück. Etwa 95 % der Pfeifensubstanz sind original erhalten, ebenso wie die fast vollständig erhaltene barocke Spieltraktur.

Der freistehende Spieltisch ist mittig zwischen beiden Gehäusehälften aufgestellt; der Organist blickt ins Kirchenschiff. Im rechten Gehäuseteil befinden sich die kleineren Pfeifen der beiden Manualwerke, im linken Gehäuse die großen Pfeifen der ersten beiden Oktaven. Der üppige Skulpturenschmuck des Orgelgehäuses stammt von Hieronymus Kohl und umfasst allein 18 musizierende Engelsskulpturen und auf dem Baldachin drei Pauke spielende Engel. Die Orgel ist nach Werckmeister III temperiert, die Stimmung des Kammertons a¹ liegt bei 438 Hz.

Im Spieltisch sind die Registerzüge zu beiden Seiten neben den Manualen ins Spieltischgehäuse eingebaut: rechts Hauptwerksregister (Quintadena links), links Positivregister, darunter auf beide Seiten aufgeteilt die Pedalregister. Die Pedalklaviatur ist mit einer kurzen Oktav versehen, beide Manuale haben kurze Oktaven mit gebrochenen Obertasten.

I. POSITIV | C/E gebr.–c³

Viola da Gamba 8'

Salicional 8'

Copula major [8', Metall]

Copula minor [4', Metall]

Principal 4'

Mixtur 3f. [2']

II. HAUPTWERK | C/E gebr.–c³

Principal 8'

Bifara 8' [ab cs¹ selbst.]

Quintadena 8'

Octava 4'

Superoctava 2'

Quinta 3'

Rauschquinta 2f. [1 1/3']

Mixtura 5f. [1 1/3']

[Manualschiebekoppel]

PEDAL | C/E–aº

Subbass 16'

Principalbass 8'

Octavbass 8'

Superoctavbass 4'

[keine Koppeln]


Mechanische Schleiflade.

Inhalte von Google Maps werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf die Cookie-Richtlinie (Funktionell), um den Cookie-Richtlinien von Google Maps zuzustimmen und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in der Google Maps Datenschutzerklärung.

CZ-118 00 Praha 1 | Loretánské náměstí


Quellen und Literatur: Wolfram Adolph, Anmut und Transparenz des Orgelklangs, in: organ. Journal für die Orgel 2/2009, hier S. 12ff ⋄ Flyer „Organ of the Church of the Nativity of Our Lord“ ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 326 | Diese Orgel habe ich am 03.08.2009 im Rahmen der 57. Internationalen Orgeltagung der Gesellschaft der Orgelfreunde in Prag besucht.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 09.10.2023.