Garrel, St. Peter und Paul

Orgel von G. Christian Lobback (Wedel/Holstein), 1980.


© Gabriel Isenberg, 02.02.2021
© Gabriel Isenberg, 02.02.2021

1871 wurde die neugotische Pfarrkirche St. Peter und Paul (Architekt: Johann Bernhard Hensen, Sögel) als Nachfolgebau der alten Johanneskapelle in Garrel geweiht. Zunächst fand hier 1874 eine kleine, gebraucht angeschaffte Orgel aus Goldenstedt (erbaut 1698) Verwendung; sie verfügte über acht Register und war von dem Goldenstedter Orgelbauer Arnold Kröger in Garrel aufgestellt worden.

Eine ihrer Größe angemessene Orgel erhielt die Kirche mit dem Bau eines neuen Instruments durch Arnold Bernhard Kröger 1883. Das am 17. März 1883 von dem Vechtaer Seminarmusiklehrer Franz Diebels geprüfte Werk hatte 15 Register aus zwei Manualen und Pedal, darunter ein durchschlagendes Zungenregister „Harmonium 8'“ im II. Manual. Diese Orgel wurde 1936 durch Carl Haupt (Osnabrück) instandgesetzt.

1965/66 wurde die Kirche nach Plänen des Cloppenburger Architekten Gerd Rohling durch einen großzügigen Erweiterungsbau in Stahlbetonskelettbauweise um Chorraum und Querhaus vergrößert. In diesem Zuge wurde die Kröger-Orgel abgebrochen. Planungen zu einem Orgelneubau verzögerten sich, sodass zunächst über zehn Jahre lang eine Wurlitzer-Elektronenorgel zum Einsatz kam.

Am Weißen Sonntag, den 13. April 1980 konnte schließlich eine neue, große Orgel eingeweiht werden. Sie ist ein Werk des Orgelbauers G. Christian Lobback, der zu dieser Zeit seine Werkstatt noch in Wedel/Holstein hatte. Die Garreler Orgel war Lobbacks erstes großes Orgelwerk und verhalf ihm zu seinem Durchbruch. Das hinter der Altarinsel im Erweiterungsbau der Kirche aufgestellte Instrument prägt den Ablick des Kirchenraums. Die kunstvoll gestalteten Schleierbretter im Prospekt nehmen die Formensprache der modernen Fenster auf. Die dunkle Färbung des Holzes und die Kupferpfeifen in den seitlichen Pedalprospekt-Türmen verleihen der Orgel etwas „Golden-Erhabenes“. Der Klang des Instruments spricht eine eigene, charakteristische Sprache, die zwar – schon allein zeitlich gesehen – zwischen neobarockem Orgelbau und französisch-romantischer Beeinflussung anzusiedeln ist, aber keiner dieser Kategorien wirklich untergeordnet werden kann. In der großen Akustik der Garreler Kirche entwickelt die Orgel einen tragfähigen Klang, der aber dennoch stets transparent durchhörbar ist. Ungewöhnlich ist die Anordnung des Schwellwerks auf dem I. Manual – in der Anordnung der Teilwerke als Brustschwellwerk unter Haupt- und Oberwerk aber durchaus konsequent. Die Spielanlage ist unterhalb des Brustschwellwerks vor die Orgelgesetzt und wird vom Kirchenraum aus durch den Tabernakel und die Sichtschutzelemente an der Rückseite der Altarinsel verdeckt. Das über die ganze Spieltischbreite reichende Plexiglas-Notenpult dient zugleich auch als Spieltisch-Deckel.

In den 1980er Jahren spielte Werner Haselier, der die Orgel als Sachverständiger mit geplant hatte, mehrere LPs mit Musik von Charles Marie Widor, Johann Sebastian Bach, Marcel Dupré und Max Reger an der Garreler Orgel ein. 1993 erfolgte eine Generalreinigung und Erweiterung des Setzers durch die Erbauerfirma (jetzt in Neuendeich bei Hamburg ansässig). In den Jahren 2016/17 gab es Überlegungen zu einem verkleinernden Umbau der Kirche, die jedoch nicht zur Ausführung gelangten.

I. SCHWELLWERK | C–g³
Gemshorn 8'
Salizional 8'
Vox coelestis 8'
Prinzipal 4'
Rohrflöte 4'
Sesquialtera 2f.
Schwegel 2'
Quinte 1 1/3'
Mixtur 5f. 2'
Bombarde 16'
Oboe 8'
Schalmey 4'
Tremulant
Koppel III–I

II. HAUPTWERK | C–g³
Bordun 16'
Doppelprinzipal 8'
Spillflöte 8'
Oktave 4'
Nachthorn 4'
Quinte 2 2/3'
Oktave 2'
Zimbel 3f. 1/2'
Mixtur 6f. 1 1/3'
Trompete 8'
Koppel III–II
Koppel I–II

III. OBERWERK | C–g³
Gedackt 8'
Quintade 8'
Prinzipal 4'
Blockflöte 4'
Flachflöte 2'
Terzian 2f. 1 3/5'
Oktave 1'
Scharff 4f.
Rankettregal 8'
Tremulant

PEDAL | C–f¹
Prinzipal 16'
Subbaß 16'
Quinte 10 2/3'
Oktavbaß 8'
Gedacktbaß 8'
Quintade 4'
Nachthorn 2'
Mixtur 6f. 2 2/3'
Posaune 16'
Trompete 8'
Zink 4'
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P


Elektronischer Setzer (32fach), Zungeneinzelabsteller, Crescendotritt.

Schleiflade, mechanische Spieltraktur und elektrische Registertraktur.

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D-49681 Garrel | Kirchstraße 1


Quellen und Literatur: Winfried Schlepphorst, Der Orgelbau im westlichen Niedersachsen, Kassel u. a. 1975, S. 102 f ⋄ Fritz Schild, Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln im Gebiet der Kath. Kirche im Oldenburger Land, Wilhelmshaven 2011 (unveröff.), S. 103 f ⋄ Orgelsachverständigen-Unterlagen des BMO Vechta ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 567 | Diese Orgel habe ich zum ersten Mal am 02.02.2021 besucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 26.11.2023.