Obersdorf-Rödgen

Ev. Johanneskirche

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D-57234 Wilnsdorf | Rödgener Straße | Karte


Kirche

Die urkundlich erstmals 1328 nachweisbare, Johannes dem Täufer geweihte Kirche auf dem Rödgen in Wilnsdorf-Obersdorf war schon im 13. Jahrhundert vorhanden. 1651 wurde die Kirche nach dem sog. Mediationsrezess Simultankirche. Die alte Kirche wurde im Jahre 1778 wegen Baufälligkeit abgebrochen und an ihrer Stelle wurde in den Jahren 1779 bis 1782 die heutige evangelische Kirche gebaut, die zunächst noch simultan genutzt wurde. Wegen vieler Streitigkeiten unter den beiden Konfessionen, insbesondere wegen der im Sinne des evangelisch-reformierten Kirchenbaues erfolgten Gestaltung des Altarraumes, die dem katholischen Liturgieverständnis tiefgreifend entgegenstand, ordnete die Regierung an, die Katholiken sollten sich eine eigene Kirche bauen. Daraufhin wurde in den Jahren 1787 bis 1788 westlich vor dem Turm eine neue Kirche errichtet, so dass der Turm, von beiden Konfessionen genutzt, sich nunmehr in der Mitte der Kirchen befand. Die Rödgener Doppelkirche zählt zu den wichtigsten Baudenkmälern der Siegerländer Kirchengeschichte. Die Einrichtung der evangelischen Kirche ist spätbarock und wurde 1856 renoviert.

 

Vorgängerinstrumente

Die erste Orgel stammte aus dem Jahr 1680. Wenngleich keine genaueren Daten über das Instrument bekannt sind, kann die Hypothese aufgestellt werden, dass der Briloner Orgelbauer Johannes Sommer, von dem sonst nur Orgelbauten in Stift Keppel und Netphen bekannt sind, hier tätig war. Nach einer Reparatur im Jahr 1750 wurde die Orgel 1781 unverändert in der neuen Kirche aufgestellt – sie wird hier mit einer Größe von 11 Registern beschrieben. 1858 baute der Orgelbauer Weller aus Wetzlar eine neue Orgel und stellte das alte Instrument in Stein-Neukirch (Westerwald) auf.

 

Orgel

Die heutige Orgel baute Ernst Röver (Hausneindorf bei Quedlinburg) im Jahr 1899 als Opus 86. Sie hat 17 Register und ist mit pneumatischem Kastenladensystem gebaut. Die Firma Paul Faust (Schwelm) reinigte die Orgel 1939, setzte sie instand und baute ein elektrisches Kreiselgebläse ein. Schwerwiegend war der Umbau durch die Firma Emanuel Kemper & Sohn (Lübeck) im Jahr 1958. Dabei wurde die Disposition deutlich aufgehellt. Dieser Aktion fielen besonders die grundtönigen Register wie Gambe 8’, Geigenprincipal 8’ oder der Violon 16’ zum Opfer.

Genau 100 Jahre nach ihrer Erbauung bekam die Siegener Orgelbauwerkstatt Hans Peter Mebold den Auftrag zur Restaurierung. Die verlorenen Register wurden nach dem historischen Röver-Vorbild der Orgel in Daaden rekonstruiert (als Zugeständnis an die Arbeiten von Kemper wurde allerdings dessen Register Octave 2’ und Sesquialter beibehalten). Außerdem konnte der Rödgener Gemeinde 1999 ein langersehnter Wunsch erfüllt werden: Das 1899 aus finanziellen Gründen nicht eingebaute Zungenregister Corno 8’ (das von Röver sonst nur in der evangelischen Baptistenkirche in Moskau erhalten ist) konnte nun nach historischen Vorbildern hinzugefügt werden.

Die Rödgener Orgel ist eines der wenigen weitgehend unverändert erhaltenen Instrumente der Werkstatt Rövers. Besonders wertvoll sind die originalen Prospektpfeifen, die beide Weltkriege überlebten. Das präzise pneumatische Kastenladensystem tut auch nach über 100 Jahren noch seinen Dienst mit den originalen Ledermembranen.

Die Orgel steht auf der Empore über Kanzel und Altarraum. An der linken Seite der Orgel ist der Spieltisch angebaut. Die Registermanubrien sind in einer Reihe über dem Obermanual angelegt; schiebt man sie nach unten, so ist das Register eingeschaltet. Unter dem 1. Manual befinden sich fünf Metallstifte für Auslöser und vier feste Kombinationen (zu diesen können jeweils manuell Register hinzugezogen werden). Unter dem Röverschen Firmenschild auf der rechten Seite des Spieltisches ist ein Metallstift angebracht, über den ein kleines Glöckchen bei der auf der Empore hinter der Kanzel liegenden Balganlage als Kalkantenruf bedient werden kann. Die Pedalkoppel I koppelt bei aktivierter Manualkoppel auch aufs zweite Manual durch. Die Oktavkoppel gilt für alle Register, die auf dem 1. Manual gespielt werden (also auch für die Register des 2. Manuals, wenn sie auf das erste gekoppelt sind). Im Pedal hat die Oktavkoppel keine Wirksamkeit. Die Oktavkoppel ist nach oben nicht ausgebaut.


Disposition

I. HAUPTWERK | C–f³

Principal 8'

Bordun 16' (ab G)

Gambe 8'

Offenflöte 8'

Octave 4'

Octave 2'

Sesquialter 2f.

Mixtur 3fach

Manual Coppel

Manual Octav Coppel

II. NEBENWERK | C–f³

Geigenprincipal 8'

Gedackt 8'

Corno 8'

Flöte 4'

Gemshorn 4'

PEDAL | C–d¹

Subbass 16'

Violon 16'

Oktavbass 8'

Flötenbass 8'

Pedal Coppel I.

Pedal Coppel II.


SPIELHILFEN | Feste Kombinationen (p, mp, mf, Tutti, Aus), Kalkantenruf

SYSTEM | Kastenlade, pneumatische Spiel- und Registertraktur


Bildergalerie

© Gabriel Isenberg | 2000, 2005