Allenbach, Stiftskirche Keppel

[ehemalige Orgel]

Orgel von Furtwängler & Hammer (Hannover), 1929, im Gehäuse von 1695.

Umgebaut durch Emanuel Kemper & Sohn (Lübeck), 1958.


© Gabriel Isenberg, 18.05.1996
© Gabriel Isenberg, 18.05.1996

Die seit 1654 simultan genutzte Kirche des ehemaligen Prämonstratenserinnen-Klosters Stift Keppel bei Hilchenbach erhielt 1695 ihre erste Orgel als Stiftung der Äbtissin Anna Elisabeth von und zur Hees. Laut einer Windladeninschrift wurde das Instrument von dem Orgelbauer Johannes Sommer aus Brilon errichtet, der in den 1690er-Jahren auch im benachbarten Netphen und in der Stadtkirche Hilchenbach tätig war. Das ursprünglich mit einer grün-marmorierten Farbfassung versehene Gehäuse stand mittig in der Emporenbrüstung und war von dem Schreiner Johannes Viegener aus Wenden gefertig worden.

1773 wurde eine Orgel aus der Kapelle des Siegener Jesuitenkollegs nach dessen Auflösung für 50 Gulden an das Stift Keppel verkauft; ob und inwiefern dieses Instrument möglicherweise für eine Wiederherstellung der Orgel von 1695 gedient haben könnte, ist bislang ungeklärt. Vier Jahre später, Ende 1777, setzte der Orgelbauer Arnold Boos (Niederndorf) das Instrument instand; sein Konkurrent Johannes Thies (Amöneburg) schrieb in der Beurteilung der Orgel von „5 schlechten und geringen“ Registern.

Nach der Säkularisierung des Stifts 1811 war die Orgel kaum noch in Gebrauch und vierfiel. 1839 legten Heinrich Dickel (Treisbach) und Hermann Loos (Siegen) Angebote zur Wiederherstellung der verfallenen Orgel vor, die Arbeiten wurden jedoch von keinem der beiden Orgelbauer, sondern von einem Friedrich Schmidt aus Hilchenbach ausgeführt.

Nach der Wiederherstellung des Stifts 1871 baute Friedrich Ladegast (Weißenfels) 1892 eine neue Orgel (die Ausführung des Projekts lag in den Händen seines Sohnes Oskar), die als pneumatisches Kegelladenwerk in den rechten Bogen zur Nonnenempore gesetzt wurde; die barocke Fassade von 1695 wurde vor den rechteckig ausgehauenen Mauerbogen gesetzt.

Ein erneuter Orgelneubau erfolgte 1929 durch die Fa. Furtwängler & Hammer (Hannover), der barocke Prospekt sowie vier Ladegast-Register fanden Wiederverwendung. Elf Register und zwei Transmissionen standen nun auf pneumatisch gesteuerten Taschenladen. Bei einem Umbau durch die Fa. Emanuel Kemper & Sohn (Lübeck) 1958 wurde die Disposition „aufgenordet“, die Prospektpfeifen wurden stillgelegt und der Generalschweller von 1929 entfernt. Im Zuge der Schädlingsbekämpfung erhielt der Orgelprospekt, der bis dahin einfarbig weiß gehalten war, eine Neufassung in den Farben der übrigen Kirchenausmalung. Die Windladen standen „auf Sturz“ in der Orgelkammer mit Pedalwerk links, zweitem Manualwerk in der Mitte und erstem Manualwerk rechts.

Nachdem die Orgel immer massivere Ausfallerscheinungen zeigte, wurde sie abgerissen und 1999 durch einen » Neubau von Hans Peter Mebold (Siegen) ersetzt; dabei wurde die ursprüngliche Raumsituation mit dem barocken Gehäuse in der Emporenbrüstung und den beiden Bögen zur Nonnenempore wiederhergestellt.

Der Spieltisch von 1929 ist vor Ort eingelagert. Die vier Ladegast-Register wurden nach über 15 Jahren Lagerung 2016/17 verkauft: der Violonbass 8' an Orgelbauer Thomas Bochmann (Kohren-Sahlis) für ein Ladegast-Restaurierungsprojekt; Subbass, Rohrflöte und Prinzipal 4' für ein Orgelbauprojekt in Italien an Marcello Rosso in Fagagna (bei Udine).

I. MANUAL | C–g³

Rohrflöte 8'

Prinzipal 4'

Blockflöte 2'

Mixtur 3-4f. 1 1/3'

Koppel II–I

Superkoppel II–I

Subkoppel II–I

II. MANUAL | C–g³

Gedeckt 8'

Quintade 4'

Prinzipal 2'

Sifflöte 1'

Terz 4/5' [cº–g]

Superkoppel II

PEDAL | C–d¹

Subbass 16'

Violon 8'

Quintade 4' [Transmission aus II]

Prinzipal 2' [Transmission aus II]

Koppel II–P

Koppel I–P


Freie Kombination, Tutti, Auslöser [Kniebetätigung], Automatische Pedalumschaltung, Kalkant [urspr. Kalkantenglocke], Tremulant [auf das ganze Werk].

Pneumatische Taschenlade.

Inhalte von Google Maps werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf die Cookie-Richtlinie (Funktionell), um den Cookie-Richtlinien von Google Maps zuzustimmen und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in der Google Maps Datenschutzerklärung.

D-57271 Hilchenbach-Allenbach | Stift-Keppel-Weg 37


Quellen und Literatur: Umfangreiche Archivstudien (Stiftsarchiv Keppel; Pfarrarchiv St. Augustinus Keppel; Archiv der ev. Kirchengemeinde Hilchenbach; Landesarchiv NRW Abt. Westfalen, Münster; Kirchenkreisarchiv Siegen), auch im Rahmen meiner Dissertationsarbeit ⋄ Diverse eigene Publikationen zur Orgelgeschichte, u. a. Orgelfestschrift 1999 und Dissertationsarbeit (Orgellandschaft im Wandel, Dresden 2017).

 

Nr. 7 | Diese Orgel habe ich am 17.12.1995 zum erstenmal gespielt; ich habe sie in unzähligen Schulgottesdiensten gespielt und den Orgelneubau 1999 intensiv begleitet – diese Orgel war Ausgangspunkt meiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte des Orgelbaus.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 11.03.2023.