Ehemalige Orgel: G. F. Steinmeyer & Co. (Oettingen), 1874, erweitert durch Orgelbau Kuhn (Männedorf), 1947.
Restaurativer Neubau: Orgelbau Eule (Bautzen), 2013.
Der Grundstein der neuen Pfarrkirche St. Florin in Vaduz, der Hauptstadt des Fürstentums Liechtenstein, wurde am 17. August 1869 gelegt. Am 5. Oktober 1873 fand die Weihe der nach Plänen von Friedrich Freiherr von Schmidt (Wien) erbauten neugotischen Kirche statt. Mit der Errichtung des Erzbistums Vaduz wurde die Pfarrkirche im Dezember 1997 zur Kathedrale erhoben.
Von Bedeutung für die Orgelgeschichte in der Vaduzer Florinskirche ist der in dieser Stadt geborene Komponist Josef Gabriel Rheinberger (1839–1901). Bereits als Achtjähriger spielte er in der alten Florinskapelle auf der 1840 von seinem Vater gestifteten und von Anton Sacchi (Chur, I+P/10) gebauten Orgel.
Beim Orgelbau für die neue Pfarrkirche war Rheinberger maßgeblich an den Planungen beteiligt, weshalb die Orgel bis heute auch als „Rheinberger-Orgel“ bezeichnet wird. Die Orgel wurde 1872–74 als mechanische Kegelladenorgel mit 33 Registern durch die Fa. Steinmeyer & Co. im bayerischen Oettingen im Ries erbaut (Firmen-Opus 120). Am 28. März 1873 spielte Rheinberger das Einweihungskonzert.
Bei einer Überholung durch Friedrich Goll (Luzern) im Jahr 1900 wurde möglicherweise das Register Flautino 2' im III. Manual durch eine Harmonika 4' ersetzt. Pläne für weitere Veränderungen und die Umstellung auf Pneumatik wurden vorerst nicht ausgeführt. Weitere geringfügige Veränderungen wurden 1916 im Rahmen einer Generalüberholung vorgenommen. Umfassende Umbau- und Erweiterungsarbeiten erfolgten 1947 durch die Fa. Kuhn (Männedorf). Die Disposition wurde erheblich verändert und mit vielen Registern in höheren Fußtonlagen ausgestattet, wodurch der ursprüngliche Klangcharakter verlorenging. Die Windladen wurde als elektrisch gesteuerte Schleifladen neu gebaut, das gesamte Werk rund 1,25 m auf der Empore zurückversetzt.
Im Frühjahr 1979 erfolgte im Anschluss an die umfangreiche Kirchenrestaurierung eine Orgelrenovierung durch die Fa. Orgelbau Mathis & Co. (Näfels), bei der nur geringe Dispositionsänderungen erfolgten (neue HW-Mixtur und im II. Manual eine neue Cymbel). Von dem ursprünglichen Steinmeyer-Bestand waren in 25 Registern noch 956 Pfeifen enthalten; besonders zu erwähnen sind die originalen Prospektpfeifen, die im Ersten Weltkrieg 1917 nicht wie an vielen anderen Orten für die Rüstungsindustrie abgeliefert werden mussten.
In den Jahren 2011 bis 2013 erfolgte ein restaurativer Neubau durch die Fa. Hermann Eule Orgelbau (Bautzen). Dabei wurde das Instrument auf den Zustand von 1874 zurückgeführt, die verloren gegangenen Register nach dem Vorbild vergleichbarerer Steinmeyer-Orgeln rekonstruiert und die Disposition um sieben Register im Schwellwerk sowie weitere Transmissionen und Vorabzüge erweitert. Die gesamte technische Anlage wie auch der Spieltisch wurden neu gebaut; aufgrund der beengten Raumsituation durch die Rückversetzung des Gehäuses wurden anstelle der ursprünglichen mechanischen Kegelladen erneut Schleifladen gebaut. Um trotz der originalen Stimmtonhöhe mit a¹ = 431 Hz das Zusammenspiel mit anderen Instrumenten zu ermöglichen, ist ein Begleitwerk mit zwei Registern hinzugefügt, das auf 440 Hz gestimmt ist und vom I. Manual aus angespielt werden kann. Die Einweihung der neuen Orgel erfolgte zu Ostern 2013.
I. HAUPTWERK | C – g³
Bourdon 16’
Prinzipal 8’
Gedackt 8’
Tibia 8’
Oktave 4’
Gemshorn 4’
Oktave 2’
Mixtur 5–6f. 2’
Trompete 8’
Koppel III–I
Koppel II–I
II. POSITIV | C–g³
Suavial 8’
Gedackt 8’
Prinzipal 4’
Flöte 4’
Sesquialtera 2f. 2 2/3’
Flageolett 2’
Larigot 1 1/3’
Cymbel 3f. 1’
Krummhorn 8’
Koppel III–II
III. SCHWELLWERK | C–g³
Bourdon 16’
Prinzipal 8’
Flöte 8’
Dolce 8’
Unda maris 8’
Prinzipal 4’
Flöte 4’
Quinte 2 2/3’
Nachthorn 2’
Mixtur 4–5f. 1 1/3’
Trompete 8’
Clarion 4’
PEDAL | C–f¹
Prinzipalbass 16’
Violonbass 16’
Subbass 16’
Echobass 16’ [Transm. B16’ HW]
Oktavbass 8’
Cello 8’
Gedeckt 8’ [Transm. B16’ HW]
Flötenbass 4’
Gedeckt 4’ [Transm. B16’ HW]
Mixtur 3f. 4’
Posaune 16’
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P
Achtfacher Setzer (K.1 bis K.8) mit Sequenzern, Tutti und Auslöser; Registercrescendo mit Absteller; Gruppenabsteller: M16’ ab, Mx ab, Zg ab; Einzelabsteller.
Elektrische Schleiflade.
I. HAUPTWERK | C–g³
Bordun 16'
Principal 8'
Tibia 8'
Viola di Gamba 8'
Gedackt 8'
Quintfloete 5 1/3'
Octave 4'
Gemshorn 4'
Quinte 2 2/3' [Vorabzug]
Octave 2'
Mixtur 5f. 2 2/3'
Trompete 8'
Koppel III–I
Koppel II–I
I. BEGLEITWERK | C–g³ 440 Hz
Rohrflöte 8'
Canora 4'
II. SEITENWERK | C–g³
Salicional 16' [Transm. aus III]
Principalflöte 8'
Liebl. Gedackt 8'
Aeoline 8'
Fugara 4'
Flöte 4'
Nasard 2 2/3' [Vorabzug]
Flageolet 2'
Cornett 3–5f. 2 2/3'
Fagott-Clarinette 8'
Koppel III–II
III. SCHWELLWERK | C–g³
Salicional 16'
Geigenprincipal 8'
Wienerflöte 8'
Dolce 8'
Salicional 8'
Vox coelestis 8'
Geigenoctav 4' [Vorabzug]
Viola 4'
Floete travers 4'
Flautino 2'
Progressio 3–4f. 4'
Trompette harm. 8'
Oboe 8'
Physharmonika 8'
Tremulant
PEDAL | C–f¹
Principalbass 16'
Violon 16'
Subbass 16'
Salicetbass 16' [Transm. aus III]
Quintbass 10 2/3'
Octavbass 8'
Violoncello 8'
Dolcebass 8' [Transm. aus III]
Flötbass 4'
Posaune 16'
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P
Vier feste Kombinationen (Kollektivtritte): p – mf – f – ff.
Setzeranlage mit 10.000 Kombinationen, Sequenzer, Registerwalze.
Mechanische Schleiflade, Doppelregistratur für elektr. Eingreifen der Setzeranlage.
FL-9490 Vaduz | St. Florinsgasse 17
Quellen und Literatur: Hans Nadler, Orgelbau in Vorarlberg und Liechtenstein Bd. 1, Dornbirn 1985, S. 420 ⋄ Kirche und Orgel zu St. Florin in Vaduz (hrsg. von der Gemeinde Vaduz), Vaduz 2013 (darin auch ausführliche Beiträge zur Orgelgeschichte von Andreas Zwingli und Jiří Kocourek) ⋄ [Franz Lüthi]: Die „Rheinberger-Orgel“ in der Kathedrale Vaduz [01.07.2023] ⋄ Orgelbau Eule ⋄ Eigener Befund.
Nr. 52 | Diese Orgel habe ich am 25.06.1999 – also noch vor im alten Zustand vor dem rekonstruktiven Neubau durch Orgelbau Eule – gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 01.07.2023.
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© Dr. Gabriel Isenberg, 2023