Kevelaer, Kerzenkapelle St. Michael

Orgel von Romanus Seifert & Sohn (Kevelaer), 1990, im Gehäuse aus dem 18. Jahrhundert.


© Gabriel Isenberg, 23.10.2021
© Gabriel Isenberg, 23.10.2021

Die Kerzenkapelle direkt gegenüber der Marienbasilika war die erste Pilgerkirche des Wallfahrtsorts Kevelaer. Die dem Heiligen Michael geweihte Kirche entstand in den Jahren 1643 bis 1645. Vermutlich schon recht früh erhielt die Kirche auch eine Orgel: Bereits 1699 ist in chronikalischen Aufzeichnungen von einer „nicht ganz neuen Orgel“ die Rede, wobei es nicht ganz sicher ist, dass damit tatsächlich die Orgel in der Kerzenkapelle gemeint war.

1843 baute der ortsansässige Orgelbauer Wilhelm Rütter eine neue Orgel für die Kapelle, wobei er ein vorhandenes Gehäuse und einen nicht unerheblichen Teil älteren Pfeifenwerks wiederverwendete. Das 28 Registerzüge umfassende Werk erfuhr aufgrund seines Klangfarbenreichtums und der herausragenden handwerklichen Qualitäten in den Gutachten der Zeit hohe Anerkennung.

Schon zwei Jahre nach der Fertigstellung waren kleinere Dispositionsänderungen sowie der Einbau einer Schwelleinrichtung für das Unterwerk angedacht, die aber nicht zur Ausführung kamen. Danach blieb die Orgel bis in die 1960er Jahren weitgehend unverändert. Unter Leitung von Prof. Rudolf Reuter (Münster) erfolgte in den Jahren 1959–62 ein weitgehender Neubau der Orgel durch die Fa. Romanus Seifert & Sohn (Kevelaer), bei der die Grundkonzeption dem Zeitgeist entsprechend neobarock überformt wurde. Unter anderem wurde das historische Gehäuse auf der Empore nach hinten versetzt, und hinter den ursprünglichen Scheinprospekt in der Emporenbrüstung kam ein „Rückpositiv“. Jetzt hatte die Orgel nur noch 20 Register und war ihrer bis dahin unverändert erhaltenen, romantischen Klangästhetik Rütters beraubt.

Nach dem Abschluss umfassender Kirchenrenovierungsarbeiten war es die Absicht, das Instrument nach dem historischen Vorbild Rütters wiedererstehen zu lassen. Nach einem von Basilikaorganist Prof. Wolfgang Seifen entwickelten Konzept entstand so ein ganz neues Instrument im historischen Gehäuse. Die Disposition von Rütter wurde zur Bereicherung der Klangmöglichkeiten um wenige Register erweitert, die originale Gehäuseanordnung wiederhergestellt. Am 4. März 1990 konnte die von der Fa. Romanus Seifert & Sohn (Kevelaer) erbaute Orgel eingeweiht werden.

Im oberen Teil des Hauptgehäuses ist das Ober- bzw. Hauptwerk untergebracht. Darunter befindet sich – verdeckt von dem Scheinpositiv-Prospekt – das schwellbare Unterwerk. An der Kirchenrückwand ist das Pedalwerk in einem eigenen, an den Seiten offenen Gehäuse aufgestellt. Die seitenspielige Anlage wurde nach dem Vorbild Rütters wiederhergestellt (Spieltisch an der rechten Seite).
Die Registerzüge sind um das Notenpult herum angeordnet: Links Unterwerk, oben Oberwerk, rechts Pedal. Die beiden Manualkoppelzüge (nach Bass und Diskant getrennt) befinden sich zu beiden Seiten oberhalb der Klaviaturbacken. Die Schwellerjalousien sind stufenlos über einen Zug links über dem Notenpult zu bewegen.

I. UNTERWERK | C–g³

Bourdon 8’

Salicional 8’ [C-H mit Bordun]

Flauto trav. 4’

Quinte 2 2/3’

Flauto 2’

Terz 1 3/5’

Larigot 1 1/3’

Cromhorne 8’ B/D

Tremulant

Echo [= Schwellerzug]

II. OBERWERK | C–g³

Bourdon 16’

Prestant 8’

Viola di Gamba 8’

Flute harm. 8’

Principal 4’

Rohrflöte 4’

Octave 2’

Cornett 5f. ab c¹ 8’

Mixtur 4f. 2’

Trompete 8’ B/D

Clairon 4’ B/D

Tremulant

Manualkoppel B/D

PEDAL | C–f¹

Subbaß 16’

Violoncello 8’

Bourdon 8’

Octave 4’

Posaune 16’

Koppel II an P


Mechanische Schleiflade.

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D-47623 Kevelaer | Kapellenplatz


Quellen und Literatur: Rainer Killich, Adrian Poirters: „Het Pelgrimken van Kevelaer“. Rekonstruktion historischer Kevelaerer Wallfahrtsgesänge aus dem 17. und 18. Jahrhundert, Münster 1992, darin zur Orgelgeschichte S. 161–165 ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 139 | Diese Orgel habe ich am 15.09.2001 erstmals besucht.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 23.11.2023.