Orgel von Heinrich Rohlfing (Osnabrück), 1936, unter Verwendung älterer Bestandteile.
In der 1725 erbauten und nach einem Brand am 2. Mai 1773 wiederhergestellten evangelisch-reformierten Kirche in Wilsum (Grafschaft Bentheim) wurde 1806 die erste Orgel aufgestellt: eine zweimanualige Kabinettorgel von Hendrik Hermanus Hess (Gouda) von 1777, nach Wilsum übertragen durch den Amsterdamer Orgelbauer Hendrik Meyer.
1873/74 fertigten die Orgelbauer J. B. Haupt & Sohn aus Ostercappeln eine neue Orgel mit elf Registern, bei der in größerem Umfang Material aus der durch Blitzschlag beschädigten Vorgängerorgel wiederverwendet wurde.
1936 lieferte Heinrich Rohlfing aus Osnabrück für 3000 Mark eine neue Orgel, die zum Teil aus älterem Material zusammengestellt wurde. Die Windlade des I. Manuals stammt einer Inschrift zufolge beispielsweise aus der Orgel in der ev.-ref. Kirche Neuenhaus (Georg Heinrich Quellhorst, Oldenzaal, 1823), wo sie als Unterwerks-Lade diente; die Klaviatur soll aus einer alten Orgel in Ostercappeln stammen. Das Gehäuse zeigt deutliche Ähnlichkeit zur erhaltenen Orgel der Gebr. Haupt von 1856 in der ev.-ref. Kirche Lage – das legt die Vermutung nahe, dass das Wilsumer Orgelgehäuse auch von Haupt stammt (entweder von der Vorgängerorgel von 1873/74 oder von einem anderen Ort). Der Subbass als einziges Pedalregister wird pneumatisch angesteuert, während die Pedalkoppel mechanisch gebaut ist.
Seit den 1950er Jahren war die Orgel bei Alfred Führer (Wilhelmshaven) in Pflege. Vermutlich im Rahmen einer größeren Reparatur 1970 erfolgten Veränderungen der Disposition: Die Waldflöte 2' aus dem Hauptwerk kam anstelle eines Salicional 8' ins II. Manual; das I. Manual wurde stattdessen mit einer in Bass und Diskant geteilten Mixtur ausgestattet (Teilung bei hº/c¹).
1986 erfolgte eine umfangreiche Sanierung durch die u. a. von Regina Stegemann geleitete Krummhörner Orgelwerkstatt aus Greetsiel – dabei erhielt das I. Manual seine heutige Disposition. Eine Restaurierung und Instandsetzung erfolgte im Spätsommer 2020 durch Orgelbaumeisterin Regina Stegemann (Aurich).
Die Spielanlage ist an der rechten Seite der Orgel angebaut, an der linken Seite befinden sich noch die beiden Fußhebel zur mechanischen Balgbetätigung. Sowohl optisch als auch klanglich fügt sich das Instrument optimal in den schlichten Kirchenraum ein.
I. MANUAL | C–f³
Principal 8'
Gedackt 8'
Octave 4'
Flöte 4'
Cornet [ab c¹]
Mixtur Bass/Disc.
Manualkoppel
II. MANUAL | C–f³
Gedackt 8'
Gedacktflöte 4'
Waldflöte 2'
PEDAL | C–d¹
Subbass 16'
Pedalkoppel [zu I]
Mechanische Schleiflade, Pedal pneumatisch.
D-49849 Wilsum | In der Stadt 8
Quellen und Literatur: Winfried Topp, Werkverzeichnis der Orgelbaufirma Rohlfing, in: Acta organologica 19 (1987), S. 157–178, hier S. 249 ⋄ Winfried Schlepphorst, Der Orgelbau im westlichen Niedersachsen, Kassel u. a. 1975, S. 293–295 ⋄ Uwe Pape (Hrsg.), 50 Jahre Orgelbau Führer, Berlin 1983, S. 62 und 98 ⋄ Zeitungsbericht „Orgel in Wilsum wieder auf neuem Stand“ (Grafschafter Nachrichten, 02.09.2020) ⋄ Eigener Befund.
Nr. 652 | Diese Orgel habe ich am 22.07.2023 gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 27.07.2023.
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