Orgel von George Maydwell Holdich (London), 1871/72; seit 2009 in Gleidorf.
Die nach den Plänen des Paderborner Dombaumeisters Arnold Güldenpfennig erbaute, neuromanische Herz-Jesu-Kirche in Gleidorf bei Schmallenberg wurde am 18. August 1906 eingeweiht. Kurz zuvor hatte man bereits eine Orgel gebraucht angeschafft (die 1898 erbaute Feith-Orgel aus dem Kloster der Barmherzigen Brüder in Köln), die aber letztlich doch nicht in der Kirche Aufstellung finden konnte und somit weiterverkauft werden musste (sie kam dann nach » Dahlbruch). Letztlich hatte man eine andere Orgel für die Gleidorfer Kirche gefunden.
Nachdem die Gleidorfer Kapellengemeinde 1951 zur Pfarrvikarie erhoben worden war, schaffte man 1954 eine neue Orgel mit 15 Registern von dem Orgelbauer Rudolf Th. Mendel aus Brilon-Rixen an.
Die heutige Kirche ist ein Neubau nach Plänen des Kasseler Architekten Johannes Reuter und wurde am 8. Dezember 1984 eingeweiht. Dorthin wurde die Mendel-Orgel nicht übertragen. Stattdessen verwendete man ein Elektronium, das mit einer Pfeifenattrappe rechts neben dem Altarraum Aufstellung fand. Mitte der 1990er Jahren erwuchsen die ersten Pläne zur Anschaffung einer Pfeifenorgel, die mit der Gründung eines Orgelfördervereins 1998 konkretisiert werden konnten. 2006 wurde die Gemeinde auf eine englische Orgel aufmerksam, die zum Verkauf stand und für die Aufstellung auf einer neuen Empore in der Gleidorfer Kirche infrage kam.
Die Orgel stand bis 2005 in der Methodist Church in der High Street in Ponders End im Londoner Stadtteil Enfield. Dort war sie schon seit einigen Jahren nicht mehr in Gebrauch, da es keinen Organisten mehr in der Gemeinde gab, so dass man sich letztlich (auch aus finanziellen Gründen) für den Verkauf der Orgel entschieden hatte. In der Methodist Church in der High Street hatte die Orgel 1931 Aufstellung gefunden. Zuvor hatte sie seit 1895 in der „Wesley Methodist Church“ in der South Street gestanden. Doch auch dort war die Orgel gebraucht angeschafft worden. Der ursprüngliche Standort ist nicht bekannt. Aber eine versteckte Inschrift im Gehäuse nennt das Datum „January 31st 1872“, so dass die Zeit um den Jahreswechsel 1871/72 als Baudatum der Orgel bestimmt werden kann. Erbauer war der der Londoner Orgelbauer Gerge Maydwell Holdich (1816–1896), aus dessen Werkstatt über 400 Orgeln hervorgegangen waren. Während die Orgel in der größeren „Wesley Methodist Church“ in der South Street noch mit den beiden (zu zwei Seiten zeigenden) Pfeifenprospekten zu sehen war, wurde sie in der Hight Street Church so in einer Wandnische positioniert dass nur noch der schmalere Seitenprospekt zu sehen war. In Gleidorf sind nun wieder beide Prospektseiten sichtbar.
Die Vermittlung nach Gleidorf erfolgte über Orgelbaumeister Stephan Oppel aus Schmallenberg, der auch die Überführung und Restaurierung übernahm. Die Wiedereinweihung in der Herz-Jesu-Kirche
Gleidorf erfolgte am 3. Mai 2009 mit Gabriel Isenberg an der Orgel.
Die Orgel ist mittig auf der neu errichteten Stahlträger-Empore aufgestellt. Die beiden Prospektfelder zeigen nach vorne ins Kirchenschiff und an der linken Seite zum Eingangsbereich. Im Inneren
ist das Gehäuse in Great (links) und Swell (rechts) aufgeteilt; das Pedalwerk befindet sich an der Rückseite. Die Spielanlage ist an der linken Seite unter dem Seitenprospekt in das Untergehäuse
eingebaut. Die Registerzüge befinden sich links (Swell und Koppeln) und rechts (Great und Pedal) untereinander neben dem Notenpult. Zur Fußbetätigung sind sieben feste Kombinationstritte sowie
der an der rechten Seite befindliche Swell-Tritt angebracht. Nach dem firmeneigenen Patent von Holdich ist die Oktavkoppel Diocton Swell konstruiert.
Innerhalb der Orgellandschaft des Hochsauerlands stellt die historische Holdich-Orgel eine Besonderheit dar, die sich mit ihrem warmen und vielseiten Klang gut in den modernen Kirchenraum einfügt.
I. GREAT | C–g³
Open Diapason 8ft
Stopped Diap. Bass 8ft [C-H]
Dulciana 8ft [ab cº]
Bell Gamba 8ft [ab cº]
Clarabella 8ft [ab cº]
Principal 4ft
Flute 4ft
Fifteenth 2ft
Mixtur 2 Ranks
Clarionet 8ft
Swell to Great
II. SWELL | C–g³
Double Diapason 16ft
Open Diapason 8ft
Lieblich Gedact 8ft
Keraulophon 8ft
Principal 4ft
Piccolo 2ft
Horn 8ft
Oboe 8ft
Diocton Swell [= Oktavkoppel]
PEDAL | C–f¹
Open Diapason 16ft
Bourdon 16ft
Violon 8ft
Swell to Pedals
Great to Pedals
7 Gruppentritte (3 für Swell, 3 für Great, Koppel Great to Pedals), Schwelltritt, mechanischer Windstandanzeiger.
D-57392 Schmallenberg-Gleidorf | Kirchstraße
Quellen und Literatur: Feierliche Orgelweihe in der Herz Jesu Kirche, Sonntag, den 3. Mai 2009 [Festschrift zur Orgelweihe] ⋄ Eigener Befund.
Nr. 318 | Diese Orgel habe ich zum ersten Mal am 01.05.2009 zur Vorbereitung auf die Orgelweihe zwei Tage später gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 06.10.2023.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023