Orgel von Hans Peter Mebold (Siegen), 1986.
Die 1896 erbaute, neugotische Kirche der katholisch-apostolischen Gemeinde in der Siegener Friedrichstraße wurde bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Nach dem Krieg entstand die neue Kirche unter Verwendung des noch bestehenden Altarraums und der Nordwand. Bei einer umfassenden Kirchenrenovierung wurde 1982 die eingezogene Flachdecke aus akustischen Gründen entfernt.
Bis in die 1950er-Jahre war ein Harmonium in der Kirche in Verwendung. Walter Seifert (Köln-Mansfeld) lieferte 1958 die erste Pfeifenorgel, ein Werk mit 15 Registern und elektrischer Kegellade. 1961 und 1967 erweiterte der Siegener Orgelbau Hans Dentler das Instrument auf 18, später 20 Register. Während der Renovierungsarbeiten der Kirche wurde die Orgel von Herbst 1981 bis Sommer 1982 von Hans Peter Mebold (Siegen) ausgelagert.
Da sich über die Jahre immer größere Mängel aufgrund der nach dem Krieg verwendeten, qualitativ minderwertigen Materialien zeigten, entschloss sich die Gemeinde zu einem Orgelneubau. Den Auftrag dazu erhielt der Siegener Orgelbauer Hans Peter Mebold, dessen Werk 1986 fertiggestellt war. Das Instrument steht im geschlossenen Gehäuse und ist in die Emporenanlage aus Mahagoniholz integriert, wobei das angedeutete Rückpositivgehäuse mit den klingenden Prospektpfeifen nur ein gestalterisches Element und kein eigenständiges Werk ist. Das Schwellwerk steht im hinteren Teil des Gehäuses, die Spielanlage ist an der rechten Seite ins Gehäuse eingebaut.
Von der klanglichen Konzeption ist das Instrument deutlich an Grundsätzen des romantischen Orgelbaus ausgerichtet, hat aber nicht den für diesen Stil typischen, hohen Winddruck. Orientiert an ihrer liturgischen Funktion bietet die Disposition ein hohes Maß an Klangschattierungsmöglichkeiten, besonders im Grundstimmenbereich; die Palette der höherliegenden Register wird durch zwei Halbzüge erweitert (d. h. bei halb herausgezogenem Registerzug erklingt jeweils nur die 2'-Reihe). Die Intonation ist warm und in der Lautstärke eher zurückhaltend. Durch die Schwellbarkeit des III. Manualwerks und das Koppelmanual mit der separat zuschaltbaren Koppel ans Hauptwerk bietet die Orgel ein Höchstmaß an dynamisch-klanglicher Flexibiltät.
Im allgemeinen Musikleben der Stadt Siegen ist die qualitativ hochwertige Orgel – trotz ihrer zentralen Lage in der Stadt – leider gar nicht präsent.
I. KOPPELMANUAL | C–g³
Koppel II–I
[Koppel III–I fest]
II. HAUPTWERK | C–g³
Prinzipal 8'
Gedackt 8'
Octav 4'
Rohrflöte 4'
[Superoctav] 2' [Halbzug]
Mixtur
III. SCHWELLWERK | C–g³
Salicional 8'
Gambe 8' [ab cº]
Bourdon 8'
Spitzflöte 4'
[Flöte] 2' [Halbzug]
Cornett
Tremulant
PEDAL | C–f¹
Subbaß 16'
Baßflöte 8'
Koppel III–P
Koppel II–P
Mechanische Schleiflade.
D-57072 Siegen | Friedrichstraße 103
Quellen und Literatur: Bernhard Burbach, Zur Geschichte des Orgelbaus im Kr. Siegen seit 1973, Examensarbeit, Siegen 1982, S. 108 ⋄ Hermann J. Busch, Die Orgeln des Kreises Siegen, Berlin 1974, S. 143–144 ⋄ Frdl. Mitteilungen der Organistin Frau Weiß (Siegen) ⋄ Eigener Befund.
Nr. 92 | Diese Orgel habe ich am 09.06.2000 besucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 16.03.2023.
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© Dr. Gabriel Isenberg, 2023