Orgel von Manufacture d'orgues Muhleisen (Straßburg), 1998.
Die St.-Michael-Kirche in Mülheim-Speldorf wurde 1915–19 nach den Plänen des Mülheimer architekten Franz Hagen in neugotischen Formen erbaut. Aus finanziellen Gründen entschied man sich dafür, zunächst einen Teil der Kirche zu bauen und drei Langhaus-Joche sowie den Turm erst später hinzuzufügen. Da die Bevölkerung nach dem Ersten Weltkrieg durch Änderung der Bebauungspläne jedoch nicht so stark anstieg, wie ursprünglich gedacht, verzichtete man auf die Ausführung der vorgesehenen Elemente. Die Konsekration fand erst 1927 nach der Ausmalung der Kirche statt.
Die erste Orgel war ein Werk des der Orgelbauanstalt Fabritius & Brehm (Kaiserswerth), möglicherweise nach Fertigstellung der Kirche oder 1930 aus älteren Bestandteilen von 1860 zusammengestellt – ein pneumatisches Instrument mit neun Registern auf zwei Manualen und Pedal. Nachdem die Orgel unter den Luftangriffen des Zweiten Weltkriegs gelitten hatte, lieferte Hans Klais (Bonn) 1948 aus Notmaterialien und einigen Resten der Fabritius-Orgel ein neues Instrument mit 15 Registern. Dieses wurde wiederum 1975 abgelöst durch eine kleine Klais-Interimsorgel mit zehn Registern (Baujahr 1954), die zuvor in St. Clemens in Oberhausen-Sterkrade gestanden hatte.
Die heutige Orgel ist ein Werk der Manufacture d'orgues Muhleisen in Straßburg im Elass und wurde am 1. Adventssonntag, den 29. November 1998 eingeweiht. Die von dem Orgelsachverständigen Werner Schepp in Zusammenarbeit mit Georges Walther und André Schaerer von der Fa. Muhleisen entwickelte Konzeption basiert auf einer Synthese der Stilmerkmale der Orgeln von Gottfried Silbermann in Sachen und Andreas Silbermann im Elsass. Neben der Disposition und der äußeren Gestaltung spiegelt sich dieser „Silbermann-Stil“ auch in der technischen Anlage wider, die u. a. mit einer atmenden Windversorgung über einen stehenden Faltenbalg, mit hängender Spieltraktur und Kanaltremulant einen besonders lebendigen Klang unterstützt. Die Temperierung „Muhleisen III“ ist ungleichstufig. Auf gelungene Weise vereint die Speldorfer Orgel die Stile der beiden „Silbermänner“ und stellt damit eine besondere Facette in der Mülheimer Orgellandschaft dar.
Die gesamte Orgel steht auf der linken Seitenempore im Kirchenschiff. Unterhalb des Positiv-Prospekts ist die Spielanlage frontal in das Orgelgehäuse eingebaut. Der Tritt „Choralzug“ bedient eine feste mechanische Kombination mit dem Prinzipalchor 8-4-2 im Hauptwerk und Subbass+Flöte im Pedal. Über den Tritt „Abstoßen“ werden alle übrigen Register im Hauptwerk ausgeschaltet.
I. HAUPTWERK | C–g³
Bordun 16' [C-fº mit Sb. 16']
Principal 8'
Rohrflöte 8'
Octavr 4'
Spitzflöte 4'
Octave 2'
Cornet 5f. [ab c¹]
Mixtur 4f. [ab c¹ 5f.]
Trompette 8'
Koppel II–I
II. POSITIV | C–g³
Viol di Gambe [8', C–H mit Ged]
Gedackt 8'
Flöte 4'
Octave 2'
Nassat 3'
Terzia [1 3/5']
Quint 1 1/3'
Cromorne [8']
Tremulant
PEDAL | C–f¹
Subbass 16'
Flöte 8'
Octave 4'
Posaunenbaß [16']
Koppel II–P
Koppel I–P
Fußtritte: Choralzug; Abstoßen.
Mechanische Schleiflade.
D-45478 Mülheim-Speldorf | Schumannstraße 17
Quellen und Literatur: Die neue Orgel in Sankt Michael, Mülheim-Speldorf, Mülheim 1998 ⋄ Orgel international, Zeitschrift für Orgelbau und Orgelmusik 3/1999, S. 221f ⋄ Werkliste Orgelbau Klais ⋄ Handbuch des Erzbistums Köln / Orgelmeldebogen 1944 (frdl. Übermittlung durch Heinz-Josef Clemens) ⋄ Eigener Befund.
Nr. 106 | Diese Orgel habe ich am 22.08.2000 besucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 07.12.2023.
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© Dr. Gabriel Isenberg, 2023