Orgel von Jakob Ladstätter (Zlan), 1862–64.
In Zlan (Gemeinde Stockenboi, Kärnten) steht die seinerzeit größte evangelische Kirche Kärntens, 1806–09 im „Nachrokoko-Stil“ erbaut und 1950 mit einem Turm versehen. Kanzel und Altar stammen aus der Villacher Hauptkirche St. Jakob.
Die Orgel ist ein Unikum in der Kärntner Orgellandschaft; sie ist ein Werk des Orgelbauers Jakob Ladstätter aus dem 19. Jahrhundert. Jakob Ladstätter war Lehrer und später Wirt in Zlan und eignete sich das Orgelbau-Handwerk autodidaktisch an. Er wurde 1804 in Treßdorf/Gailtal geboren, siedelte später nach Stockenboi über und verstarb dort 1875. Die Orgel in Zlan baute er – teilweise unter Verwendung von Material aus der Vorgängerorgel von 1838 – in den Jahren 1862 bis 1864, 1865 wurde sie „gefasst“, d. h. bemalt. Anfangs hatte sie über 30 Register auf vier Manualen und Pedal (vermutlich war eine Physharmonica im Spieltisch eingebaut, die vom vierten Manual aus anspielbar war). Es ist zu vermuten, dass die Orgel anfangs nicht so groß geplant war.
Johann Kuher aus St. Leonhard im Loibltal führte 1900 eine größere Reparatur durch und baute die Orgel um, so dass sie nun 27 Register auf drei Manualen und Pedal besaß; dabei entfernte er die Physharmonica sowie die beiden Pedalzungen Posaune 16' und Trompete 8'. Oskar Eberstaller schrieb 1955 über die Orgel: „Die Disposition ist zwar eigenartig, aber nicht befriedigend, auch die Intonation läßt viel zu wünschen übrig; auch soll die Orgel nicht besonders gut funktioniert haben, so daß Ladstätter mancherlei Anfeindungen ausgesetzt war und sich schließlich auf seinen Besitz in Stockenboi zurückzog.“
Die Wiener Orgelbaufirma Herbert Gollini restaurierte und erweiterte die Orgel 1984/85. Dabei wurde u. a. der Spieltisch neu gestaltet, der Pedalumfang erweitert (ursprünglich C–cº) und das zweite mit dem dritten Manual vertauscht.
Die Manual-Windladen stehen im Orgelgehäuse auf zwei Ebenen, während die Pedalpfeifen im hinteren Teil die komplette Höhe des Gehäuses einnehmen Das zweite Manualwerk ist im oberen Gehäuseteil untergebracht, auf der ersten Etage stehen erstes und drittes Manualwerk. Der Spieltisch steht frei vor der Orgel, der Organist blickt ins Kirchenschiff. Die Register werden über eiserne Hebel eingeschaltet, die links und rechts senkrecht aus dem Spieltischgehäuse ragen. Die Logik der Registerhebel-Anordnung ist nicht auf den ersten Blick zu erschließen. Die Manualkoppeln sind als Züge in der rechten Gehäusewange des Spieltisches eingebaut, die Pedalkoppeln als Wipptritte rechts über der Pedalklaviatur.
Die drei Manualwerke sind alle mit ähnlichen Klangfarben besetzt – ein etwas ungewöhnliches Dispositionskonzept, das aber in der Genese des Instruments begründet ist und dessen Eigenart ausmacht. Vom Charakter her ist das II. Manual das Hauptwerk, allerdings klingt es (zumindest vom Spieltisch aus) recht weit entfernt; und alle Manualwerke sind auf das I. Manual koppelbar, das damit faktisch die Funktion des Hauptwerks übernimmt. Das III. Manual ist ein klassisches „Nebenwerk“ mit Begleitcharakter, wofür wiederum der Prinzipal 16' sehr untypisch ist. Der insgesamt schöne Klang der Orgel bietet vor allem im Grundstimmenbereich einige ansprechende Farben.
2023/24 ist eine umfassende Instandsetzung der Orgel geplant.
I. MANUAL | C–f³
Prinzipal 8'
Hohlflöte 8'
Gambe 8'
Oktave 4'
Flöte 4'
Quinte 2 2/3'
Superoktave 2'
Rauschquinte 2f.
Koppel III–I
Koppel II–I
II. MANUAL | C–f³
Bordun 16'
Praestant 8'
Flöte 8'
Gedeckt 8'
Salicional 8'
Flöte 4'
Gemshorn 4'
Quinte 2 2/3'
Oktave 2'
Mixtur 3f.
III. MANUAL | C–f³
Prinzipal 16'
Oktave 8'
Violine 8'
Flöte 4'
Kornett 4f.
PEDAL | C–d¹
Prinzipalbaß 16'
Subbaß 16'
Violon 16'
Oktavbaß 8'
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P
Mechanische Schleiflade.
A-9713 Zlan | Kirchplatz 14
Quellen und Literatur: Oskar Eberstaller, Orgeln und Orgelbauer in Österreich, Graz-Köln 1955, S. 135 ⋄ Broschüre „Kirchenorgeln. Kärnten. Slowenien. Friaul“ (Hrsg. von Kath. Kirche Kärnten), S. 43 ⋄ Pressemeldungen zur Orgelsanierung, Ende 2022 ⋄ Eigener Befund.
Nr. 218 | Diese Orgel habe ich am 24.08.2004 im Rahmen meiner Kärnten-Orgelforschungs-Reise besucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 19.03.2023.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023