Cloppenburg, St. Josef

Orgel von Orgelbau Alfred Führer (Wilhelmshaven), 1970.


© Gabriel Isenberg, 03.03.2021
© Gabriel Isenberg, 03.03.2021

Seit dem Mittelalter gab es in unmittelbarer Nähe der Burg Cloppenburg eine Josefs-Kapelle. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite baute Hilger Hertel d. J. (Kevelaer) 1891 die neugotische St.-Josef-Kirche („Kleine Kirche“), die 1957 von St. Andreas in Cloppenburg abgepfarrt wurde. In unmittelbarer Nähe dieser Kirche entstand 1966/68 die heutige St.-Josef-Kirche (die alte Kirche wurde 1973 abgerissen) nach Plänen des Bad Iburger Architekten Martin Klemann – sie steht mit dem Altar im Mittelpunkt ganz im Zeichen der Erneuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Der Innenraum wird von den Glasfenster-Wabengittern beherrscht. 2008 kam der freistehende Turm hinzu. 2018 wurde St. Josef zur ersten Jugendkirche im Oldenburger Land umgestaltet.

Wann und von welchem Orgelbauer die neugotische Kirche ihre erste Orgel erhielt, ist nicht dokumentiert. Sie wurde 1936/38 durch Friedrich Fleiter (Münster) umgebaut und verfügte zu diesem Zeitpunkt über 10 Register. Später nahm Otto Ritter aus Goldenstedt weitere Veränderungen vor, unter anderem an der pneumatischen Traktur. Schließlich fertigte die Fa. Franz Breil (Dorsten) 1953 eine neue Orgel unter Wiederverwendung eines großen Bestandes aus der Vorgängerorgel. Das Instrument verfügte nun über 15 Register auf zwei Manualen und Pedal; der Einbau fünf weiterer Register war vorgesehen. Die Orgel wurde nicht in die neue St.-Josefs-Kirche übertragen, sondern 1973 in St. Willehad in Wilhelmshaven aufgestellt, wo sie bis heute (ergänzt um die fünf vorgesehenen Register) besteht.

In der neuen St.-Josefs-Kirche in Cloppenburg baute die Orgelbauwerkstatt Alfred Führer (Wilhelmshaven) 1970 eine neue Orgel mit 46 Registern auf drei Manualen und Pedal. In dem modernen Kirchengebäude setzt die von Günter Berger konzipierte Führer-Orgel einen markanten Akzent, sie ist ein Musterbeispiel für die orgelbewegten Instrumente im Geiste des Orgelbautheoretikers Walter Supper. Neben der angestrebten Eigenständigkeit der Werke und einer ausgeprägten Palette von Cantus-firmus-Möglichkeiten bei einer Vielzahl färbender Aliquotregister fällt dennoch die Vermeidung neobarocker Extreme und eine beeindruckende symphonische Mischfähigkeit der Stimmen auf. Ihr Bau ist auch im Kontext der „Cloppenburger Orgelschule“ zu sehen, die als kirchenmusikalische Ausbildungsstätte nachhaltigen Einfluss auf die Organistenausbildung im Oldenburger Land hatte. Insofern ist der Orgel im geschichtlichen Kontext durchaus überregional Bedeutung beizumessen.

1991 erfolgte eine Reinigung und Überholung durch die Erbauerfirma. Dabei erfolgten auch kleinere Dispositionsänderungen: im Schwellwerk Hautbois 8' statt Krummhorn 8', im Brustwerk Krummhorn 8' statt Schalmey 2' C–f¹, und im Pedal Schalmey als zusätzliches Register). 2004 nahm Johannes Dieter Poll (Cäciliengroden) als ehemaliger Mitarbeiter der Fa. Führer eine Reinigung und Generalüberholung vor. 2010 erfolgte eine Reparatur, Schimmelbekämpfung und Nachintonation der Holzflöte 8' (HW) durch die Fa. Osterfriesischer Orgelservice (Wiesmoor).

I. SCHWELLWERK | C–g³
Prinzipal 8'
Bleigedackt 8'
Schwebung 8' [2f.]
Prinzipal 4'
Rohrflöte 4'
Quintflöte 2 2/3'
Flachflöte 2'
Terzflöte 1 3/5'
Septimflöte 1 1/7'
Mixtur 5f. 1'
Bombarde 16'
Hautbois 8'
Clarine 4'
Tremulant

II. HAUPTWERK | C–g³
Copel 16'
Prinzipal 8'
Rohrflöte 8'
Holzflöte 8'
Oktave 4'
Blockflöte 4'
Terz 3 1/5'
Quinte 2 2/3'
Quarte 2 '
Mixtur 5-6f. 1 1/3'
Fagott 16'
Trompete 8'
Tremulant
Koppel III–II
Koppel I–II

III. BRUSTWERK (SW) | C–g³
Holzgedackt 8'
Quintatön 8'
Nachthorn 4'
Prinzipal 2'
Sifflöte 1 1/3'
Nonenpfeife 8/9' (ab fis¹)
Scharff 4-5f. 2/3'
Trompetenregal 8'
Krummhorn 8'
Tremulant

PEDAL | C–f¹
Prinzipal 16'
Subbaß 16'
Oktavbaß 8'
Spitzflöte 8'
Dolkanpiffaro 4' [+ 2' stillgelegt]
Quintade 4'
Bauernflöte 2'
Sesquialtera 3f.

                [5 1/3' + 3 1/5' + 2 2/7']
Mixtur 4f.
Posaune 16'
Trompete 8'
Clairon 4'
Schalmey 2'
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P


 5-fache Setzerkombination.

Schleiflade, mechanische Spieltraktur, elektrische Registertraktur.

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 D-49661 Cloppenburg | Bült 2


Quellen und Literatur:  Beilage zur LP „Uwe Groß spielt Werke von Manfred Kluge an der Führer-Orgel in Cloppenburg St. Joseph“ (Pape Orgeldokumente 8), 1973 ⋄ Fritz Schild, Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln im Gebiet der Kath. Kirche im Oldenburger Land, 2011 (unveröff.), S. 71–73 ⋄ Frdl. Mitteilung Dr. Thomas Lipski, Cloppenburg ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 575 | Diese Orgel habe ich am 03.03.2021 zum ersten Mal in meiner Funktion als Orgelsachverständiger des BMO Vechta besucht.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 24.09.2023.