Orgel von Johann Christian Kleine (Freckhausen), 1794/95.
In der evangelischen Kirche Eckenhagen (Gemeinde Reichshof, Bergisches Land) – nach dem großen Brand am 18. April 1777 in barocken Formen neu errichtet – ist die „größte Denkmalorgel im Nordrheingebiet“ nach einer umfassenden Restaurierung 2007/08 erhalten.
In der romanischen Vorgängerkirche hatte Christian Nohl aus Allinghausen bereits 1717 eine Orgel aufgerichtet. Im 1764 neu errichteten Kirchenschiff wurde diese Orgel möglicherweise als
Bestandteil eines Neubaus wiederverwendet. Diese ging mit dem Großfeuer des Jahres 1777 unter.
Nachdem das ausgebrannte Kirchenschiff wieder hergestellt war, holte die Gemeinde zwei Kostenanschläge über einen Neubau von den heimischen Orgelbauern Johann Christian Kleine und Franz Georg
Nohl ein. Langwierige Verhandlungen und fehlendes Geld ließen über zehn Jahre ins Land gehen, bis Kleine 1793 endlich den Auftrag zum Bau der Orgel erhielt. Johann Christian Kleine aus
Freckhausen (Kirchspiel Eckenhagen) begann 1794 mit der Aufstellung der Orgel in der Kirche, sie konnte am 24. Juli 1795 der Gemeinde übergeben werden konnte.
In den folgenden Jahrzehnten sind mehrere kleinere Arbeiten vermerkt: eine Stimmung durch Christian Roetzel (1810), Stimmung und Reparatur durch Gerhard Nohl (1820), Reparatur und Intonation
durch Christian Roetzel (1839) und eine Generalüberholung mit Umintonation durch Daniel Roetzel (1861). Dieser hatte die Orgel von 1864 bis 1914 in Pflege. Planungen zu einem Neubau durch den
Orgelbauer Paul Faust (Schwelm) in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg scheiterten an dem fehlenden Geld der Gemeinde.
Bei einer größeren Baumaßnahme im Jahr 1955 durch Willi Peter (Köln) wurde etwa ein Viertel der Pfeifen ausgetauscht und das Pedal bis f¹ erweitert; die Umintonierungen des 19. Jahrhunderts
wurden 1955 nur teilweise beseitigt. 1972 erfolgte dann der größte und folgenschwerste Eingriff, erneut ausgeführt durch die Fa. Willi Peter: Die komplett erhaltene, massive Holzmechanik wurde
gegen eine billige Drahtseilmechanik ausgetauscht. Auch das komplette Pfeifenwerk und die Windladen wurden erheblich verändert. Zuletzt befand sich die Orgel in einem relativ schlechten Zustand,
eine grundlegende Restaurierung war somit vonnöten. Als größte noch erhaltene Denkmalorgel des nördlichen Rheinlandes und einziges erhaltenes Instrument von Johann Christian Kleine bedarf die
Eckenhagener Orgel besonderer Aufmerksamkeit und stellt in ihrer Art eine Einmaligkeit dar. Die Orgelbauwerkstatt Hubert Fasen (Oberbettingen) erhielt 2005 den Auftrag zur umfassenden
Restaurierung des Instruments, die 2007/08 durchgeführt wurde. Als Sachverständige begleiteten Dr. Franz-Josef Vogt und Günter Eumann die Arbeiten.
Das barocke Orgelgehäuse steht über Altar und Kanzel („bergische Trinität“). Im Untergehäuse, das sich hinter dem Kanzeldeckel-Aufsatz befindet, sind die Pfeifen des Unterwerkes aufgestellt. Der
Spieltisch ist mittig in die Seitenwand des linken Gehäuse-Unterteils eingebaut. Im Obergehäuse steht das Hauptwerk; hinter dem Hauptgehäuse das Pedalwerk.
Eine Besonderheit stellt die nach historischem Vorbild rekonstruierte Koppel Forte–Piano dar: Bei normalem Tastendruck, bis zum zweiten Druckpunkt, erklingt nur das Positiv, bei starkem Tastendruck wird das Hauptwerk mit angekoppelt. So kann man z. B. eine Melodieführung „forte“ aus einem mehrstimmigen Satz herausarbeiten.
I. UNTERWERK | C–f³
Principal 8'
Octava 4'
Lamento 8'
Gedac 8'
Quintadena 8'
Violdegamba 8'
Fleut Traver 4'
Violin 4'
Octava 2'
Scharf 5 Chor
Musette Hoboe 8'
Voxhumana 8'
Schwebung zur Voxhumana [= Kanaltremulant]
Koppel Forte–Piano
Kalkant
II. HAUPTWERK | C–f³
Principal 8'
Octava 4'
Violdegamba 16'
Bordun 16'
Fleut Amour 8'
Offene Bordun 8'
Violdegamba 8'
Cornetti 4 Chor
Sesquialter 2 Chor
Octava 2'
Nachthorn 4'
Mixtur 4 Chor
Cimbal 2 Chor
Basson 16' (B)
Trompet 16' (D)
Trompet 8'
Ventil
PEDAL | C–d¹
Violoncello 16'
Subbaß 16'
Principal 8'
Violoncello 8'
Basetto 4'
Posaun 16'
Koppel Manual–Pedal
Temperierung: Neidhardt „für das Dorf“.
Mechanische Schleiflade.
D-51580 Reichshof-Eckenhagen | Kirchbergweg 4
Quellen und Literatur: Franz Gerhard Bullmann, Die rheinischen Orgelbauer Kleine – Roetzel – Nohl, Giebing 1969, S. 56–59, 138 ⋄ Klaus Saeger et al., Musik für Gottes Ohr. Geschichten von oberbergischen Orgelbauern und oberbergischen Orgeln, Wiehl 2005, S. 98–103 ⋄ Barockorgel Eckenhagen. Abschluss der Restaurierung 2008 [Festschrift] ⋄ www.barockorgel-eckenhagen.de.
Nr. 225 | Diese Orgel habe ich am 18.09.2004 – noch vor der Restaurierung – im Rahmen einer Exkursion gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 21.02.2023.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023