Löningen, St. Vitus

Orgel von Orgelbau Alfred Führer (Wilhelmshaven), 1970, unter Verwendung des Gehäuses der Orgel von Johann Gottlieb Müller (Paderborn), 1768.


© Gabriel Isenberg, 04.09.2023
© Gabriel Isenberg, 04.09.2023

In der mittelalterlichen St.-Vitus-Kirche ist für das Jahr 1597 erstmals die Existenz einer Orgel nachgewiesen: In diesem Jahr reparierte ein Meister Krull die vorhandene Orgel. Im Laufe des 17. Jahrhunderts erfolgten mehrere Reparaturen an dem Instrument, u. a. 1656 durch Hans Henrich Reinking aus Bielefeld. Laut Visitationsprotokoll von 1697 hatte die Orgel zu diesem Zeitpunkt sieben Register.

1759/60 nahm Joseph Mencke aus Osnabrück zusammen mit seinem Stiefsohn Eberhard Berner einen Orgelneubau vor, bei dem mehrere Register aus der Vorgängerorgel wiederverwendet wurden – das Instrument hatte 12 Register und ein angehängtes Pedal.

Als 1809 die baufällige Kirche abgebrochen wurde, entfernte Anton Franz Schmid (Quakenbrück) auch die Orgel. Für die neue Kirche – ein nach Plänen von Johann Nepomuk Schmidt aus Münster 1809–13 errichteter klassizistischer Saalbau enormen Ausmaßes – hatte Herzog Peter Friedrich Ludwig von Oldenburg der Gemeinde die Orgel aus dem im Zuge der Säkularisation aufgehobenen Franziskanerkloster in Vechta geschenkt. Das dort 1768 von Johann Gottlieb Müller aus Paderborn erbaute Instrument wurde von Anton Franz Schmid 1815 nach Löningen übertragen. Allerdings waren die Arbeiten offenbar nicht zur Zufriedenheit der Gutachter ausgeführt worden, so dass Schmid bis 1819 nachbessern musste. Die Disposition umfasste 31 Register auf zwei Manualen und Pedal.

Das stark vom Holzwurm befallene Instrument wurde 1853/55 durch Johann Bernhard Kröger & Sohn aus Goldenstedt instandgesetzt und umgebaut. Eine weitere Instandsetzung und Umbauarbeit erfolgte 1892/93 durch Gorgonius Kröger (Vechta), nachdem sich Seminarlehrer Franz Diebels aus Vechta sehr für den Erhalt der Orgel eingesetzt hatte.

1921 baute die Fa. Friedrich Fleiter aus Münster eine neue, pneumatisch gesteuerte Orgel mit 34 Registern in das historische Gehäuse von 1768 ein. Ein weiterer Umbau erfolgte durch die Fa. Fleiter im Jahr 1953, wobei die Trakturen elektrifiziert und die Disposition verändert wurden.

Die heutige Orgel ist ein Werk der Orgelbauwerkstatt Alfred Führer aus Wilhelmshaven aus dem Jahr 1970. Das vorhandene Barockgehäuse von 1768 wurde durch den Restaurator Dr. Joseph Bohland aus Hildesheim restauriert und um die beiden 16'-Türme sowie die seitlichen Spitztürme erweitert. Günter Berger (Delmenhorst) entwarf die 37 Register umfassende Disposition, die Intonation übernahmen 1970 Matthias Gärtner und Bernard Hartz (Fa. Führer). Zu den besonderen Stimmen der Orgel gehören die beiden „Klangtrauben“ – das Farbkornett im I. Manual und der Rauschbass im Pedal – sowie die von der Dreifaltigkeitsorgel in der Benediktinerabtei Ottobeuren (Karl Joseph Riepp 1766) inspirierten Hauptwerksregister Copel 16' und Terz 3 1/5'.

1982 nahm die Fa. Führer eine Reparatur vor, 1992 erfolgte durch sie eine Reinigung, Überarbeitung und Nachintonation im Zuge der Kirchenrenovierung. 2016 überarbeitete der Orgelbauer Martin Cladders (Badbergen) die Windladen. Im Rahmen einer umfassenden Reinigung und Generalsanierung erhielt die Orgel 2022 durch die Fa. Rudolf von Beckerath Orgelbau (Hamburg) eine neue Spielanlage mit Setzeranlage; dabei erfolgte auch eine Nachintonation und eine Temperierung nach Bach-Kellner.

I. OBERWERK | C–g³

Gedackt 8'
Prestant 4'
Blockflöte 4'
Flachflöte 2'
Terzflöte 1 3/5'
Kornett 3f. [2 2/3' + 1 3/13' + 8/9']
Scharff 5f. 1'
Dulcian 16'
Franz. Trompete 8'
Tremulant

II. HAUPTWERK | C–g³

Copel 16'

Prinzipal 8'

Gemshorn 8'

Oktave 4'

Rohrflöte 4'

Terz 3 1/5'

Quinte 2 2/3'

Superoktave 2'

Großmixtur 6-8f. 1 1/3'

Fagott 16'

Trompete 8'

Koppel III–II

Koppel I–II

III. BRUSTWERK | C–g³

Quintatön 8'

Nachthorn 4'

Prinzipal 2'

Quinte 1 1/3'

Zimbel 3f. 1/3'

Krummhorn 8'

Trompete 4'

Tremulant

PEDAL | C–f¹

Prinzipal 16'
Subbaß 16'
Oktavbaß 8'
Gamba 8'
Oktave 4'    
Quintade 4'
Weitpfeife 2'
Rauschbaß 5f. [5 1/3' + 3 1/5' +

                         2 2/7' + 1 7/9' + 1']
Posaune 16'    
Zink 8'
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P


Elektronische Setzeranlage (10.000 Kombinationen) mit Sequenzern, zusätzlich vier freie Kombinationen, Tutti, Zungen ab, Geschwindigkeitsregler für die Tremulanten.

Schleiflade mit mechanischer Spieltraktur und elektrischer Registertraktur.

Bilder vor der Renovierung 2023:

Bilder nach der Renovierung 2023:

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D-49624 Löningen | Kirchplatz 1


Quellen und Literatur: Winfried Schlepphorst, Der Orgelbau im westlichen Niedersachsen, Kassel 1975, S. 120–126 ⋄ Fritz Schild, Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln im Gebiet der Kath. Kirche im Oldenburger Land, Wilhelmshaven 2011 (unveröff.), S. 125–128 ⋄ Orgelsachverständigen-Unterlagen des BMO Vechta ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 534 | Diese Orgel habe ich erstmals am 25.09.2018 gespielt und auf dem weiteren Weg als Orgelsachverständiger begleitet.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 07.09.2023.