Orgel von Lothar Simon (Borgentreich), 1976.
Seit dem sog. Mediationsrezess von 1651 wurde die Johanneskirche auf dem Rödgen bei Wilnsdorf simultan genutzt. Anstelle der alten, wegen Baufälligkeit abgerissenen Kirche, errichtete man 1779–82 die heutige evangelische Kirche, die zunächst noch simultan genutzt wurde, bis die katholische Kirchengemeinde auf der anderen Seite des Turmes 1787/88 nach Plänen des Bauinspektors Skell ihr eigenes Kirchenschiff anbaute. Die Rödgener Doppelkirche zählt zu den wichtigsten Baudenkmälern der Siegerländer Kirchengeschichte. Auf katholischer Seite wurde das Kirchenschiff 1938 erweitert; 1998 fand eine Innenrenovierung statt.
Beim Bau der neuen Simultankirche kam es 1781 zunächst zu Streitigkeiten über die eingelagerte Orgel aus der alten Kirche, die aber letztlich 1793/94 beigelegt waren, als beide Konfessionen in ihrem je eigenen Kirchenschiff eine Orgel anschafften. Die Orgel auf der katholischen Seite wurde aus einem Überschuss an Kollektengeldern bezahlt. Wenngleich weder Erbauer noch weitere Details über den Orgelneubau überliefert sind, so ist es doch denkbar, dass das neue Instrument von dem Niederndorfer Orgelbauer Arnold Boos stammte, der auch die Orgel der alten Kirche abgebaut hatte. In einem Bericht von 1829 wird die Orgel mit 10 Registern erwähnt, die sich in einem guten Zustand befinde. 1847 erfolgte eine Reparatur durch den Orgelbauer Hermann Loos aus Siegen.
In den Jahren 1860–62 nahm Adolph Rieschick aus Brilon einen Umbau vor, bei dem er erstmals das System der mechanischen Kegellade verwendete. Der Versuch ging jedoch schief und die Orgel war unspielbar. So musste Rieschick versprechen, eine neue Windlade zu bauen.
1886 erhielt die Kirche eine neue Orgel als Opus 1 des Kölner Orgelbauers Ernst Seifert, die dieser mit seiner eigens entwickelten pneumatischen Windlade ausstattet. Das Werk hatte 13 Register und wurde 1890 um die bis dahin noch fehlende Trompete ergänzt. Reparaturen erfolgten 1923 durch Ernst Tennstädt (Lippstadt) und 1934 durch Jehmlich & Menne (Hagen). Allerdings hatte die Feuchtigkeit im Raum der Pneumatik dermaßen zugesetzt, dass das kaum noch spielbare Instrument im Zuge der Erweiterungsarbeiten an der Kirche 1938 entfernt wurde.
1951 stellte die Fa. Bernhard Speith (Rietberg) ein älteres Instrument mit fünf Registern auf. 1976 erhielt die katholische Kirche ihr heutiges Orgelwerk aus der Werkstatt Lothar Simon in Borgentreich-Muddenhagen. Die Disposition entwarf Otto Abt (Eiserfeld). Im Zuge der Kirchenrenovierung 1998 erfolgte eine Überholung des Instruments. Der frontal eingebaute Spielschrank ist durch zwei Flügeltüren verschließbar; auf der linken Seite neben Manualen und Notenpult sind die Manualregisterzüge angeordnet, rechts ein kleiner Zuge für den Tremulanten und der zugehörige Geschwindigkeitsregler. Die Koppeln werden über Hakentritte rechts über der Pedalklaviatur bedient.
I. HAUPTWERK | C–g³
Prinzipal 8’
Rohrflöte 8’
Oktave 4’
Sesquialtera 2f.
Waldflöte 2’
Mixtur 4f.
Koppel II–I
II. OBERWERK | C–g³
Holzgedackt 8’
Spitzflöte 4’
Prinzipal 2’
Quinte 1 1/3’
Rohrschalmey 8’
Tremulant [stufenlos regelbar]
PEDAL | C–f¹
Subbaß 16’
Offenbaß 8’
Gedeckt 4’
Flöte 2’
Koppel II–P
Koppel I–P
Mechanische Schleiflade.
D-57234 Wilnsdorf-Obersdorf/Rödgen | Höhenweg 6
Quelle und Literatur: Hermann J. Busch, Die Orgeln des Kreises Siegen, Berlin 1974, S. 189 f ⋄ Gabriel Isenberg, Ein Verzeichnis der Orgeln in den Kirchenkreisen Siegen und Wittgenstein aus dem Jahr 1823, in: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte, Bd. 110, Bielefeld 2014, S. 107–161, hier S. 133–138 ⋄ Gabriel Isenberg, Orgellandschaft im Wandel (Teil 2): Orgelinventar des Kreises Siegen-Wittgenstein von den Anfängen bis 1945, in: Westfalen, Bd. 98, Münster 2020, S. 83–225, hier S. 152–153 ⋄ Bernhard Burbach, Zur Geschichte des Orgelbaus im Kreis Siegen seit 1973, Siegen 1982 (Hausarbeit, unveröffentlicht), S. 97–100 ⋄ Eigener Befund.
Nr. 82 | Diese Orgel habe ich am 14.01.2000 gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 25.09.2023.
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© Dr. Gabriel Isenberg, 2023