Verden (Aller), Dom St. Maria und Cäcilia

Orgel auf der Westempore

Orgel von Furtwängler & Hammer (Elze), 1916.


© Gabriel Isenberg, 26.11.2006
© Gabriel Isenberg, 26.11.2006

Der gotische Dom ist das Wahrzeichen der Stadt Verden an der Aller und entstand in zwei Bauabschnitten: Der erste erstreckte sich über den Zeitraum von 1290 bis 1323. Endgültig fertiggestellt wurde der Bau dann nach 150-jähriger Pause in den Jahren 1473 bis 1490.

Die erhaltenen Quellen geben nur wenig Auskunft über die frühesten Domorgeln, doch muss im Jahr 1304 bereits eine erste Orgel existiert haben. Einem Testament von 1472 kann man entnehmen, dass es bereits im 15. Jahrhundert zwei Instrumente im Dom gegeben haben muss. Für das Jahr 1487 ist der Bau einer Orgel durch Andreas Smedeker belegt. Bereits 1582 erfolgte ein Neubau durch den Hamburger Orgelbaumeister Didrich Hoyer, Schwiegersohn von Jacob Scherer. Die frühere Annahme, dieser Neubau sei von Andreas de Mare ausgeführt worden, hat sich als falsch erwiesen. Diese Renaissance-Orgel hing als Schwalbennest an der Nordwand der Vierung und verfügte über 22 Register auf zwei Manualen und Pedal.

In den Jahren 1692/93 berichteten Arp Schnitger und Vincent Lübeck vom „gar erbärmlichen Zustand“ der Orgel, worauf Schnitger von der schwedischen Regierung den Auftrag zur Reparatur der Orgel erhielt. Im Frühjahr 1696 beendete Schnitger deren Instandsetzung und teilweisen Umbau. 1830 wurde dieses Instrument im Zuge der großen, umfassenden Restaurierung des Doms durch den Verdener Orgelbauer Peter Tappe auf die Westempore versetzt. Dort sorgte der ungünstige Aufstellungsort vor der offenen Turmhalle für Verstimmungen der Pfeifen und vielerlei Funktionsstörungen, außerdem war das Instrument zu klein, um den großen Raum von der Westwand aus klanglich befriedigend zu füllen.

So erfolgte schon 1850 durch den Orgelbauer Johann Friedrich Schulze (Paulinzella) der Neubau einer Orgel auf der Westempore mit 35 Registern auf zwei Manualen und Pedal, darunter zwei 32’-Register. Doch auch dieses Instrument wurde als zu klein für den großen Raum empfunden. Zahlreiche Reparaturen waren erforderlich, um die Spielbarkeit der Orgel zu erhalten, zumal die Traktur sehr schwergängig war.

Draufhin errichtete die Orgelbauwerkstatt Furtwängler & Hammer (Hannover) 1916 eine neue dreimanualige Orgel mit pneumatischer Register- und Spieltraktur. Der stumme Schulze-Prospekt blieb bestehen, das gesamte Pfeifenmaterial der Schulze-Orgel (samt der zwei 32’-Register) jedoch verschwand. Glücklicherweise blieb die Orgel in der Folgezeit von jeglichen Umbauten und Veränderungen verschont. 1986 konnte, dank der Initiative des eigens gegründeten Orgelbauvereins, die inzwischen technisch ziemlich desolate Orgel auf der Westempore durch die Orgelbauwerkstatt Gustav Steinmann (Vlotho) wieder instandgesetzt werden, hatte man doch inzwischen erkannt, welche Bedeutung dieses große und glücklicherweise unverändert erhalten gebliebene spätromantische Instrument für die Wiedergabe der Musik der Jahrhundertwende und darüber hinaus bekommen hatte. Zuletzt fand 2015 eine Überholung durch die Fa. Orgelbau Jörg Bente (Suthfeld-Helsinghausen) statt.

Zur „authentischen“ Wiedergabe barocker Orgelmusik kam es 1968 zum Bau einer zweiten » großen, dreimanualigen Orgel mit 43 Registern und mechanischer Spiel- und Registertraktur nach historischen Vorbildern auf der Nordempore der Vierung durch die Orgelbaufirma Hillebrand (Altwarmbüchen). 1999 konnte noch eine kleine, zweimanualige Orgel mit Pedal im Chorraum aufgestellt werden (Orgelbau Hoffmann, Ostheim/Rhön, II+P/11). Desweiteren verfügt der Dom über ein Positiv mit I/5 von Paul Ott (Göttingen), 1954.

Der Spieltisch der Furtwängler & Hammer-Orgel steht frei vor der Orgel. Die Registerkippschalter befinden sich rund um die Manualklaviaturen angeordnet. Die Spielhilfen und Koppeln sind über Schalter zwischen den Manualen und Fußpistons zu bedienen. Die Trakturen sind pneumatisch, die Windladen sind als Taschenladen gebaut.

I. HAUPTWERK | C–g³

Prinzipal 16’

Major-Prinzipal 8’

Doppelflöte 8’

Bordun 8’

Fugara 8’

Dulciana 8’

Oktave 4’

Rohrflöte 4’

Kornett 3-5f.

Mixtur 4f.

Posaune 16’

Trompete 8’

Koppel III-I

Koppel II-I

Unteroktavkoppel II-I

Oberoktavkoppel III-I

Oberoktavkoppel II-I

II. SCHWELLWERK | C–g³

Bordun 16’

Viola 16’

Prinzipal 8’

Gamba 8’

Quintatön 8’

Harmonieflöte 8’

Zartflöte 8’

Dolce 8’

Hornprinzipal 4’

Traversflöte 4’

Waldflöte 2’

Rauschquinte 2f.

Mixtur 2-3f.

Klarinette 8’

Koppel III-II

Unteroktavkoppel II

Unteroktavkoppel III-II

Oberoktavkoppel III-II

Oberoktavkoppel II

III. SCHWELLWERK | C–g³

Quintatön 16’

Geigen-Prinzipal 8’

Konzertflöte 8’

Viola 8’

Offenflöte 8’

Gedeckt 8’

Aeoline 8’

Vox coelestis 8’

Prinzipalflöte 4’

Fugara 4’

Fernflöte 4’

Flautino 2’

Sesquialtera 2f.

Harmonia aetherea 4f.

Trompete harmonique 8’

Oboe 8’

Unteroktavkoppel III

Oberoktavkoppel III

PEDAL | C–f¹

Prinzipalbass 16’

Kontrabass 16’

Subbass 16’

Violabass 16’ [Tr. II]

Zartbass 16’ [Tr. II]

Oktavbass 8’

Cello 8’

Flötenbass 8’

Zartflöte 8’ [Tr. II]

Oktave 4’

Posaune 16’

Bariton 8’

Pedalkoppel I

Pedalkoppel II

Pedalkoppel III

Pedal-Oberoktavkoppel


Zwei freie Kombinationen mit Auslöser und „Nebenregister I+II an Hauptregister“, Crescendo-Walze mit An/Abschalter, Tutti, Tutti-Pedal, f-Pedal, pp-Pedal, Oktavkoppeln [alle], Gerenalkoppel, Suspensoren: Zungen, 16’-Stimmen, Manual I, Pedal

Pneumatische Taschenladen.

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D-27283 Verden (Aller) | Lugenstein 10–12

 


Quellen und Literatur: Dommusik Verden ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 276 | Diese Orgel habe ich zum ersten Mal am 26.11.2006 gespielt.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 19.11.2024.