Verden an der Aller

Evangelisch-lutherische Domkirche Sankt Maria und Cäcilia

Domstraße • D-27283 Verden/Aller


Kirche

Der gotische Dom ist das Wahrzeichen der Stadt Verden an der Aller. An derselben Stelle befanden sich vor dem heutigen Kirchengebäude bereits zwei Holzkirchen. Beide fielen dem Feuer zum Opfer: Die erste brannte um 850, die zweite um 950 bis auf die Grundmauern nieder. Anfang des 11. Jahrhunderts wurde an dieser Stelle die erste Kirche aus Stein errichtet.

Ebenso wie ihr Ende des 12. Jahrhunderts erbauter Nachfolger wurde auch sie ein Raub der Flammen. Der heutige Dom Mariae et Ceciliae wurde in zwei Bauabschnitten gebaut. Der erste erstreckt sich über den Zeitraum von 1290 bis 1323. Endgültig fertiggestellt wurde der Bau dann nach 150jähriger Pause in den Jahren 1473 bis 1490.

Der Verdener Dom ist der erste gotische Dom Niedersachsens. Der Dom ist eine Hallenkirche mit dem vermutlich ältesten Hallenumgangschor Deutschlands. Architektonisch angelehnt ist der Dom an die Kathedrale von Reims und den Mindener Dom. Besonders hervorzuheben ist der um 1360 prächtig geschnitzte Levitenstuhl des Domes. Außerdem eine Grabplatte des Bischofs von Landesbergen, der für den zweiten Bauabschnitt des Doms verantwortlich war.

Orgel auf der Westempore

Die erhaltenen Quellen geben nur wenig Auskunft über die ersten Domorgeln. Doch muss im Jahre 1304 bereits eine erste Orgel existiert haben. Einem Testament von 1472 kann man entnehmen, dass es bereits im 15. Jahrhundert zwei Instrumente im Dom gegeben haben muss. Für das Jahr 1487 ist der Bau einer Orgel durch Andreas Smedeker belegt. Bereits 1582 erfolgte ein Neubau durch den Hamburger Orgelbaumeister Didrich Hoyer, Schwiegersohn von Jacob Scherer. Die frühere Annahme, dieser Neubau sei von Andreas de Mare ausgeführt worden, hat sich als falsch erwiesen. Diese Renaissance-Orgel hing als Schwalbennest an der Nordwand der Vierung und verfügte über 22 Register auf zwei Manualen und Pedal.

In den Jahren 1692/93 berichteten Arp Schnitger und Vincent Lübeck vom „gar erbärmlichen Zustand“ der Orgel, worauf Schnitger von der schwedischen Regierung den Auftrag zur Reparatur der Orgel erhielt. Im Frühjahr 1696 beendete Schnitger deren Instandsetzung und teilweisen Umbau. 1830 wurde dieses Instrument im Zuge der großen, umfassenden Restaurierung des Domes durch den Verdener Orgelbauer Peter Tappe auf die Westempore versetzt. Dort sorgte der ungünstige Aufstellungsort vor der offenen Turmhalle für Verstimmungen der Pfeifen und vielerlei Funktionsstörungen, außerdem war das Instrument zu klein, um den großen Raum von der Westwand aus klanglich befriedigend zu füllen.

So erfolgte schon 1850 durch den Orgelbauer Johann Friedrich Schulze (Paulinzella) der Neubau einer Orgel auf der Westempore mit 35 Registern auf zwei Manualen und Pedal, darunter zwei 32’-Register. Doch auch dieses Instrument wurde als zu klein für den großen Raum empfunden. Zahlreiche Reparaturen waren erforderlich, um die Spielbarkeit der Orgel zu erhalten, zumal war die Traktur sehr schwergängig.

Draufhin errichtete die Orgelbauwerkstatt Furtwängler & Hammer (Hannover) 1916 eine neue dreimanualige Orgel mit pneumatischer Register- und Spieltraktur. Der stumme Schulze-Prospekt blieb bestehen, das gesamte Pfeifenmaterial der Schulze-Orgel (samt der zwei 32’-Register) jedoch verschwand. Glücklicherweise blieb die Orgel in der Folgezeit von jeglichen Umbauten und Veränderungen verschont. 1986 konnte, dank der Initiative des eigens gegründeten Orgelbauvereins, die inzwischen technisch ziemlich desolate Orgel auf der Westempore durch die Orgelbauwerkstatt Gustav Steinmann (Vlotho) wieder instandgesetzt werden, hatte man doch inzwischen erkannt, welche Bedeutung dieses große und glücklicherweise unverändert erhalten gebliebene spätromantische Instrument für die Wiedergabe der Musik der Jahrhundertwende und darüber hinaus bekommen hatte.

Zur „authentischen“ Wiedergabe barocker Orgelmusik kam es 1968 zum Bau einer zweiten großen, dreimanualigen Orgel mit 43 Registern und mechanischer Spiel- und Registertraktur nach historischen Vorbildern auf der Nordempore der Vierung durch die Orgelbaufirma Hillebrand (Altwarmbüchen; → Nr. 349). 1999 konnte noch eine kleine, zweimanualige Orgel mit Pedal im Chorraum aufgestellt werden (Orgelbau Hoffmann, Ostheim/Rhön, II+P/11). Desweiteren verfügt der Dom über ein Positiv mit I/5 von Paul Ott (Göttingen), 1954.

Der Spieltisch der Furtwängler & Hammer-Orgel steht frei vor der Orgel. Die Registerkippschalter befinden sich rund um die Manualklaviaturen angeordnet. Die Spielhilfen und Koppeln sind über Schalter zwischen den Manualen und Fußpistons zu bedienen. Die Trakturen sind pneumatisch, die Windladen sind als Taschenladen gebaut.

Disposition

I. Hauptwerk                     C – g³

II. Schwellwerk               C – g³

III. Schwellwerk              C – g³

Prinzipal                                     16’

Major-Prinzipal                         8’

Doppelflöte                                8’

Bordun                                           8’

Fugara                                             8’

Bordun                                       16’

Viola                                             16’

Prinzipal                                       8’

Gamba                                           8’

Quintatön                                    8’

Quintatön                                  16’

Geigen-Prinzipal                      8’

Konzertflöte                               8’

Viola                                                 8’

Offenflöte                                     8’

Dulciana                                        8’

Oktave                                            4’

Rohrflöte                                      4’

Kornett 3-5f.

Mixtur 4f.

Posaune                                      16’

Trompete                                     8’

Koppel III-I

Koppel II-I

Unteroktavkoppel II-I

Oberoktavkoppel III-I

Oberoktavkoppel II-I

Harmonieflöte                         8’

Zartflöte                                       8’

Dolce                                              8’

Hornprinzipal                            4’

Traversflöte                                4’

Waldflöte                                    2’

Rauschquinte 2f.

Mixtur 2-3f.

Klarinette                                    8’

Koppel III-II

Unteroktavkoppel II

Unteroktavkoppel III-II

Oberoktavkoppel III-II

Oberoktavkoppel II

Gedeckt                                         8’

Aeoline                                          8’

Vox coelestis                              8’

Prinzipalflöte                             4’

Fugara                                             4’

Fernflöte                                       4’

Flautino                                         2’

Sesquialtera 2f.

Harmonia aetherea 4f.

Trompete harmonique       8’

Oboe                                                8’

Unteroktavkoppel III

Oberoktavkoppel III

 

Pedal                                        C – f¹

Spielhilfen

Prinzipalbass                            16’

Kontrabass                                16’

Subbass                                       16’

Violabass [Tr II]                       16’

Zartbass [Tr II]                         16’

Oktavbass                                      8’

Cello                                                8’

Flötenbass                                    8’

Zartflöte [Tr II]                           8’

Zwei freie Kombinationen mit Auslöser und „Nebenregister I+II an Hauptregister“

Crescendo-Walze mit An/Abschalter

Tutti

Tutti-Pedal, f-Pedal, pp-Pedal

Oktavkoppeln [alle], Gerenalkoppel

Suspensoren: Zungen, 16’-Stimmen, Manual I, Pedal

Oktave                                            4’

Posaune                                      16’

Bariton                                           8’

Pedalkoppel I

Pedalkoppel II

Pedalkoppel III

Pedal-Oberoktavkoppel

 

© Gabriel Isenberg, 2006 / 2007