Marienstatt

Basilika der Zisterzienserabtei

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D-57629 Marienstatt | Kloster Marienstatt | Karte


Kirche

Seit 1227 ist in Marienstatt die Zisterzienserabtei ansässig, die bereits zuvor 1212 in Kirburg (Westerwald) gegründet worden war. Die Kirche wurde von 1222 bis 1425 in drei Bauperioden errichtet. Der erste Bauabschnitt fand im Jahre 1227 mit der Kirchweihe seinen Abschluss. Kunstgeschichtlich kann man die Kirche der Frühgotik zuzählen. Der Bau ist im Sinne zisterziensischer Einfachheit durch schlichte Bauformen und den Verzicht auf Türme geprägt. Die Abteikirche von Marienstatt gilt als erste rechtsrheinische gotische Kirche in Deutschland. Die ursprüngliche Tönung im Innern wurde bei der Restaurierung 1972-81 wieder neu aufgelegt. Von 2001 bis 2006 wurden umfangreiche, substanzerhaltende Restaurierungsarbeiten durchgeführt.

 

Vorgängerinstrumente

Bereits 1611 lässt sich für die Abteikirche Marienstatt eine Orgel sicher nachweisen. Diese erste Nachricht bezeugt jedoch indirekt das Vorhandensein eines älteren Vorgängerinstruments. Über die Disposition dieser Orgel von 1611 ist nichts bekannt. In einer Inventarliste von 1633 ist die Rede von einer „zimblichen Orgell, unnd uff den Chor ein newes Positiv ahngefangen aber nicht ausgemachet worden“. Nach diesem Bericht glich die Marienstatter Abteikirche vielen Kloster- und Stiftskirchen, die zwei Orgeln besaßen.

Über lange Zeit hindurch schweigen dann die Urkunden über den Zustand und die Beschaffenheit der Instrumente. Bis 1830 war die große Orgel auf der Westempore zwar in Gebrauch, aber in schlechtem Zustand.

Daniel Rassmann aus Möttau baute schließlich 1854 eine neue Orgel für die Abteikirche mit 16 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Das Pfeifenwerk scheint teilweise aus der alten Klosterorgel übernommen worden zu sein. 1897 fügte Orgelbauer Horn aus Limburg dem Hauptwerk noch eine Gamba 8' hinzu. Die Orgel hatte mechanisch gesteuerte Schleifladen und stand in einem neugotischen Gehäuse. Sie vermochte jedoch nie den großen Kirchenraum befriedigend zu beschallen. Der Spielschrank der Orgel befand sich an der linken Seite, das Gebläse rechts von der Orgel auf dem Kirchenspeicher über dem nördlichen Seitenschiff.

Obwohl im Sommer 1917 die im Prospekt stehenden Zinnpfeifen zu Kriegszwecken abgegeben werden mussten, spielte die Orgel trotz großer Mängel noch bis zur Kirchenrestauration 1941, bei der sie samt der steinernen Orgelbühne schließlich abgerissen wurde, um das Westfenster freizulegen.

Da diese Westorgel schon aus räumlichen Gründen für die Choralbegleitung der Mönche nicht geeignet war, behalf man sich beim Chorgebet seit 1901 mit einem Orgelharmonium. Außerdem bekam die Abteikirche 1912 eine neue Chororgel im nördlichen Querschiff, die die Paderborner Orgelbauwerkstatt Anton Feith mit 45 Registern lieferte.

Diese Orgel musste der großen Renovierung der Abteikirche im Januar 1941 weichen und wurde schließlich in den Pfarrsaal ausgelagert. Da aber nach der Wiedereröffnung der Kirche der Pfeifenbestand der ausgelagerten Orgel sehr in Mitleidenschaft gezogen war und die Disposition inzwischen auch nicht mehr dem Ideal der Orgelbewegung entsprach, erschien es nach dem Urteil der Fachleute nicht ratsam, die alte Chororgel unbesehen wieder aufzustellen. So entschloss man sich, eine neue Orgel unter Verwendung der meisten alten Register zu bauen. Orgelbauer Anton Feith aus Paderborn begann am 2. Oktober 1950 mit dem Aufstellen dieser Orgel, die dann am 26. November in einer kirchenmusikalischen Feierstunde ihrem Dienst übergeben wurde. Im Sommer 1952 wurden drei Register hinzugefügt, so dass die Orgel nun insgesamt 41 klingende Stimmen besaß.

Nachdem die Orgel durch häufige Reparaturen immer anfälliger geworden war, entschloss sich der Konvent, das Instrument 1965 an die Pfarrei St. Peter in Köln-Ehrenfeld zu verkaufen, wo sie 1987 von der Firma Seifert umgebaut und mit einem neugotischen Prospekt aus den Niederlanden versehen wurde (III+P/46). Im gleichen Jahr (1965) wurde eine Leihorgel der Orgelbauwerkstätte Rieger in Schwarzach in Marienstatt aufgestellt, die 11 Register hatte und bis zum 22. April 1969 in der Abteikirche gute Dienste bei der Begleitung des Gemeindegottesdienstes und des Chorgebets der Mönche leistete.

 

Orgel

Die heutige Orgel baute die Firma Rieger Orgelbau aus Schwarzach (Vorarlberg) in den Jahren 1969/70 unter der Leitung von Josef von Glatter-Götz. Bemerkenswert ist die eingebaute historische, spanische Zungenbatterie von 1732. Die viermanualige Orgel ist – auf einer kleinen Plattform über dem Chorgestühl – in das nördliche Vierungsjoch der Kirche mit recht flachem Gehäuse eingepasst, ohne Säulen oder Gewölbe zu berühren. Farblich ist das Gehäuse aus massiver Eiche dem alten Chorgestühl von 1390 angepasst. Zum Altarbereich hin zeigt das Rückpositiv, unter dem Hauptwerk sind die die spanischen Trompeten und das schwellbare Brustwerk eingebaut, die Orgel wird durch das Schwellwerk bekrönt, dessen Schwellerjalousien innen liegen. Als Ausgleich zu dem Großpedal (zur Altarseite hin zeigend) zeigt das Kleinpedal auf der Rückseite in das Seitenschiff. Auf dem Sockelgesims des Kleinpedals ist folgendes Chronogramm zu lesen: „anIMa organI Cantet aC eX CorDe sanCto IVbILet“ („Die Seele der Orgel möge singen und von Herzen dem Heiligen jubilieren“), worin die Jahreszahl 1969 enthalten ist.

Ende 1997 führte die Erbauerfirma einen Umbau der Orgel durch, wobei der Spieltisch erneuert und die ursprünglichen 44 Generalkombinationen durch ein 5000faches elektronisches Setzersystem in Mikroprozessortechnik mit drei einstellbarem Registercrescendo ersetzt wurden; die Schwebung im Schwellwerk wurde in zwei Register aufgeteilt.

Während der Sanierungsarbeiten in der Kirche war die Orgel 2001 bis 2006 in Folien eingepackt. Nach Abschluss der Sanierung der Basilika wurde auch die Orgel ausgereinigt und saniert. Die Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten führte die Orgelbauwerkstatt Romanus Seifert aus Kevelaer 2006 aus. Neben den anfälligen Reinigungs- und Instandsetzungsarbeiten wurde das Pedal um vier Register erweitert, die bei der Orgelplanung 1969 aus Kostengründen entfallen mussten; die Aufstellung dieser Pedalregister ist an der Rückwand der Orgel über dem jetzigen Kleinpedal erfolgt. Außerdem erhielt die Orgel eine Celesta-Harfe, die 1920 von der berühmten amerikanischen Orgelbauwerkstätte Skinner gebaut wurde. Im Jahr 2007 kam noch ein Röhrenglockenspiel mit echten Bronzeglocken hinzu.

Die Spielanlage war bis 1997 folgendermaßen aufgebaut: Rechts und links neben den Manualen befanden sich die Drucktasten zur Registerwahl in waagerechten Reihen, deren Aufschrift im eingeschaltetem Zustand aufleuchtete, ansonsten nur leicht glimmte. An der rechten Seite außen lagen jeweils in drei Reihen angeordnet die durchnumerierten Schalter für die 44 Generalkombinationen Im vierten dreireihigen Block lagen die Tasten für die Pedalregister, angeordnet nach Registergruppen und Fußtonlage, und die Pedalkoppeln. Auf der Innenseite befanden sich neben jedem Manual nochmals jeweils drei Kombinationstasten (jeweils A, B, C) für das entsprechende Manual (bzw. sechs fürs Pedal). Links neben den Manualen waren ebenfalls jeweils in drei Reihen die Register- und Koppeltasten den entsprechenden Manualen zugeordnet. Neben den beiden Schwelltritten (links für Schwellwerk, rechts für Brustwerk) waren rechts die Tritte für die sechs Pedalkombinationen untergebracht, links die mit den Drucktasten korrespondierenden Tritte für die Koppeln.

Die Spielanlage hat seit 1997 folgende Gestalt: Die neuen Registerwippen für Schwellwerk, Hauptwerk und Rückpositiv sind links, für Spanisches Werk, Brustwerk und Pedal rechts neben den Manualen in je zwei waagerechten Reihen zu finden, dabei ist der Schalter für den Cymbelstern dem SW zugeordnet. Unter den Schaltern für RP sind die Tasten der Setzeranlage zu finden: Cr.an (Crescendo an), SCR (Einstellung des Registercrescendos, absschließbar), Sequenzer (< und >), S (Setzknopf) und R (Auslöser); über und unter den Tausender- bis Zehnerziffern der vierstelligen Digitalanzeige für die Kombinationen sind Vor- und Rückschalter für die entspr. Ziffern, durch die Einzeltasten 1 bis 9 kann die Einerziffer bestimmt und damit eine bestimmte Kombination abgerufen werden. Über den Manualen sind zwei Digitalanzeigen für Schweller- und Crescendostand (60stufig). Unter den Pedalregister-Schaltern sind die Geschwindigkeitsregler für Cymb., Tr RP, Tr SW und Tr BW und zwei Sequenzerschalter, welche nochmals als Fußtritte vorhanden sind. Die drei Kippschwelltritte gelten (von links nach rechts) Schwellwerk, Brustwerk und Registercrescendo. Die Schleifladen sind mit Doppelhub-Magneten ausgestattet.


Disposition

I. RÜCKPOSITIV | C–g³

32 Spitzgedackt 8'

33 Salizional 8'

34 Prinzipal 4'

35 Koppelflöte 4'

36 Gemshorn 2'

37 Sesquialter 2f. [2 2/3']

38 Scharf 4f 1'

39 Krummhorn 8'

40 III - I (1998)

41 IV - I

42 Tremulant

II. HAUPTWERK | C–g³

17 Prinzipal 16'

18 Prinzipal 8'

19 Spitzflöte 8'

20 Oktav 4'

21 Rohrflöte 4'

22 Quinte 2 2/3'

23 Superoktav 2'

24 Larigot 2f 1 1/3'

25 Mixtur 5-7f 1'

26 Cornett 5f. 8' [ab gº]

27 Dulzian 16'

28 Trompete 8'

29 I - II

30 III - II

78 Sub III an II (1997)

31 IV - II (1998)

III. SCHWELLWERK | C–g³

1 Bordun 16'

2 Prinzipal 8'

3 Rohrflöte 8'

4 Aeoline 8'

5 Schwebung 8' [ab cº]

6 Oktav 4'

7 Blockflöte 4'

8 Nassat 2 2/3'

9 Hohlflöte 2'

10 Terz 1 3/5'

11 Mixtur 5f. 2'

12 Hautbois 8' (2006)

13 Trompete 8'

14 Clairon 4'

16 Tremulant

IV. Brustwerk | C–g³

(schwellbar)

48 Holzgedackt 8'

49 Quintade 8'

50 Rohrflöte 4'

51 Prinzipal 2'

52 Quinte 1 1/3'

53 Sifflet 1'

54 None 8/9'

55 Cymbel 2f. 1/4'

56 Vox Humana 8'

57 Tremulant


IV. SPANISCHES WERK | C–g³

43 B/D Bajoncillo 4'

44 D Clarin Claro 8'

45 B/D Trompeta de Batalla 8'

46 B Tromp. Magna 16'

47 D Chirimia 2'

 

(B/D-Teilung hº/c¹)

PEDAL | C–f¹

58 Untersatz 32' (2006)

59 Prästant 16'

60 Untersatz 16' (2006)

61 Subbaß 16'

62 Oktav 8'

63 Cello 8' (2006)

64 Gedacktbaß 8' (2006)

65 Choralbaß 4'

66 Nachthorn 2'

67 Zinke 3f 5 1/3'

68 Mixtur 4f 2 2/3'

69 Contrapos. 32' (2006)

70 Posaune 16' (2006)

71 Bombarde 16'

72 Posaune 8'

73 Schalmei 4'

74 I an P

75 II an P

76 III an P

77 IV an P

79 Super III an P (2006)

GLOCKENSPIELE

80 Glockenspiel in IV (2007)

81 Glockenspiel in III (2007)

82 Celesta in IV (2006)

83 Celesta in III (2006)

84 Cymbelstern (2006)


SPIELHILFEN | Elektronische Setzeranlage mit Sequenzern, Tutti und Auslöser; 60stufiges, frei programmierbares Registercrescendo

SYSTEM | Schleiflade, mechanische Spiel- und elektrische Registertraktur


Bildergalerie

© Gabriel Isenberg | 1996, 2009

Zu Änderungen nach 2009 siehe: http://www.abtei-marienstatt.de/start.php?aktiv=abtei&sub=basilika