Letmathe, St. Kilian

Orgel von Anton Feith (Paderborn), 1938, umgebaut durch Siegfried Sauer (Höxter), 1979.


© Gabriel Isenberg, 08.04.2022
© Gabriel Isenberg, 08.04.2022

Die alte, vermutlich im 13. Jahrhundert errichtete Kilians-Kirche in Letmathe, für die bereits 1609 die Existenz einer Orgel urkundlich nachgewiesen ist, war im Laufe des 17. Jahrhunderts baufällig geworden. Jobst Edmund Freiherr von Brabeck, 1619 in Letmathe geboren und seit 1688 Fürstbischof von Hildesheim, ließ daraufhin die Kirche 1690–93 umfassend erneuern. Dazu zählte auch die Anschaffung einer Orgel im Jahr 1696, die er der Gemeinde zum Geschenk machte. Erbauer war der Orgelbauer Andreas Schweimb aus dem südniedersächsischen Einbeck, den der Fürstbischof bereits mehrfach für Orgelbauten beauftragt hatte. Die Orgel zählte 30 Register auf zwei Manualen (Haupt- und Brustwerk) und Pedal mit der für Schweimb typischen, verbesserten Springlade und hatte zusätzlich zwei Zimbelsterne.

Es gibt keine Nachweise dafür, dass die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts in Letmathe ansässige Orgelbauerfamilie Ahmer an der Orgel in der St.-Kilians-Kirche tätig war; dass sie hier Reparaturen und kleinere Arbeiten ausführten, darf aber als wahrscheinlich gelten. Im Rahmen der Erweiterung der Orgelempore erfolgte 1846 eine größere Reparatur durch den Orgelbauer Caspar Bussmann aus Brilon, der inzwischen offenbar in Köln ansässig war. Zu einem unbestimmten Zeitpunkt sollen sieben weitere Register hinzugefügt worden sein – möglicherweise im Zusammenhang mit der 1878 erfolgten Kirchenerweiterung.

Mit dem Abriss der alten Kirche 1914 ging auch die seit einigen Jahren nicht mehr gepflegte Barockorgel verloren. Sieben Register fanden vorübergehend in einer kleinen Orgel in der Notkirche während des Kirchenneubaus Verwendung, die in der 1917 fertiggestellten neugotischen Kirche (nach Plänen des Aachener Architekten und Dombaumeisters Joseph Buchkremer) noch rund 20 Jahre lang als Provisorium Verwendung fand. 1938 kam diese als Geschenk an die Gemeinde in Rummenohl, wo sie aber nicht erhalten ist.

Am 18. Dezember 1938 fand im „St.-Kilians-Dom“ schließlich die Weihe der großen neuen Orgel aus der Werkstatt Anton Feith in Paderborn statt – eines der letzten großen Werke vor der kriegsbedingten Schließung des Betriebs, als der Firmeninhaber zur Wehrmacht eingezogen wurde. Die Orgel zählte 54 klingende Register mit 4250 Pfeifen, die sich bei elektrischen Trakturen auf drei Manuale und Pedal verteilten. Der gestaffelte Freipfeifenprospekt fügte sich gut in die Bögen des Turmraums ein; der Spieltisch war fahrbar.

Das Instrument fand in Fachkreisen international Anerkennung, ab 1951 war die Orgel mehrfach in Rundfunkaufnahmen mit rennomierten Künstlern wie Rolande Falcinelli, Jean Langlais und Karl Richter zu hören. Doch der zunehmende Verkehrslärm um die Kirche ließ später keine störungsfreien Aufnahmen mehr zu.

1979 erfolgte ein umfassener Umbau durch die Orgelbauwerkstatt Siegfried Sauer in Höxter (als Nachfolgefirma der Orgelbauanstalt Anton Feith). Die Orgel im Turmraum erhielt nun ein neues geschlossenes Gehäuse, in dem Haupt- und Oberwerk auf neuen Schleifladen untergebracht sind. Pedal- (links) und Schwellwerk (rechts) wurden auf die seitlichen Turmemporen ausgelagert. Frontal vor der Orgel wurde ein neuer, freistehender Spieltisch aufgestellt, der mit General- und Werksetzern sowie einem vierten Manual ausgestatt ist. Letzteres war für den späteren Bau einer Chororgel mit 12 Registern vorgesehen, der aber bis heute nicht erfolgt ist.

2001 führte die Fa. Gebr. Stockmann (Werl) eine Reinigung und Generalüberholung durch. Eine erneute Überholung erfolgte im Zuge der umfassenden Kirchensanierung 2021.

I. HAUPTWERK | C–g³

Prinzipal 16'

Prinzipal 8'

Holzflöte 8'

Praestant 4'

Querflöte 4'

Quinte 2 2/3'

Superoktave 2'

Cornett 3–4f.

Mixtur 5–6f. 1 1/3'

Trompete 8'

Zink 4'

Tremulant

Koppel IV–I

Koppel III–I

Koppel II–I

Subkoppel I

Superkoppel I

II. SCHWELLWERK | C–g³

Stillgedeckt 16'

Ital. Prinzipal 8'

Zartgeige 8'

Schwebung 8'

Gedackpommer 8'

Spitzflöte 8'

Sing. Prinzipal 4'

Blockflöte 4'

Gemsquinte 2 2/3'

Nachthorn 2'

Terzflöte 1 3/5'

Sifflöte 1'

Scharff 4f.

Trompete harm. 8'

Singend Regal 8'

Tremulant

Koppel III–II

III. Oberwerk | C–g³

Gedeckt 8'

Quintatön 8'

Dulciana 8'

Prinzipal 4'

Rohrflöte 4'

Koppelflöte 2'

Superquinte 1 1/3'

Terzsept 1 3/5' + 4/7'

Zymbel 2f. 1/2'

Rankett 16'

Oboe 8'

Tremulant

PEDAL | C–f¹

Prinzipalbaß 16'

Violon 16'

Subbaß 16'

Quintbaß 10 2/3'

Oktavbaß 8'

Baßflöte 8'

Choalbaß 4'

Bauernflöte 2'

Hintersatz 4f.

Posaune 16'

Dulcian 16'

Trompete 8'

Koppel I–P

Koppel II–P

Koppel III–P


8 Generalsetzer (A bis H), je 2 Werksetzer (g und h), Tutti, Z.ab T.O. [= Turmorgel], Crescendowalze mit „Walze an“ und mechanischer Anzeige, Nulltaster, Zungen-Einzelabsteller.

Einbau Chororgel vorgesehen (4. Manual und unbezeichnete Registerschalter Nr. 60-73 vorhanden; Druckknöpfe Ch.O. an, Z.ab Ch.O.).

Haupt- und Oberwerk Schleiflade, Pedal- und Schwellwerk Kegellade, elektrische Spiel- und Registertraktur.

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D-58642 Iserlohn-Letmathe | Dechant-Heimann-Straße 1


Quellen und Literatur: Peter Trotier, Geschichte der kath. Pfarrgemeinde St. Kilian Letmathe, Letmathe 1988, S. 125, 130, 179, 192, 262/64, 334/335, 370 ⋄ Wilhelm Honselmann, Die Orgelbauerfamilie Ahmer in Letmathe, Letmather Nachrichten 26.03.1966 ⋄ Gregor Vedder, Der Orgelbau in den Kreisen Iserlohn und Unna vor 1800. Ein Beitrag zur Geschichte des westfälischen Orgelbaues, Köln 1970, S. 47 f ⋄ Hans Hermann Wickel, Auswärtige Orgelbauer in Westfalen, Kassel u. a. 1984, S. 102 f ⋄ Willi Sommer, Die Orgeln von 1697 und 1938, in: Der Kiliansdom. Das Bauwerk. Das Gotteshaus. 100 Jahre. (hrsg. vom Geschichtskreis Letmathe), Letmathe 2016, S. 50–54 ⋄ Werbeblatt der Fa. Siegfried Sauer, 1979 ⋄ Frdl. Mitteilung Peter Trotier ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 452 | Diese Orgel habe ich zum ersten Mal am 04.11.2012, danach mehrfach bei Konzerten gespielt.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 15.08.2023.