Bickendorf (Köln)

Kath. St. Rochus

Orgel: Willi Peter (Köln), 1957–79 unter Verwendung einer Orgel von Paul Faust (Barmen), 1912.

Umbau: Orgelbau Klais (Bonn), 2001.


© Gabriel Isenberg, 21.01.2005
© Gabriel Isenberg, 21.01.2005

Die 1666 errichtete und 1733 in kleinerer Form erneuerte Rochuskapelle an der Venloer Straße in Bickendorf diente ab 1836 als Pfarrkirche, bis schließlich einige Jahre später die neue große Pfarrkirche St. Rochus erbaut werden konnte. Dieser nach den Plänen des Kölner Dombaumeisters Ernst Friedrich Zwirner errichtete neoromanische Backsteinbau war 1849 fertiggestellt (die Konsekration fand jedoch erst 20 Jahre später, am 9. Oktober 1869 statt).

1862 erhielt die St.-Rochus-Kirche ihre erste Orgel, die der Kölner Orgelbauer Franz Wilhelm Sonreck auf der vier Jahre zuvor eingezogenen Empore aufstellte. Die Orgel hatte zehn Register, davon zwei geteilt, und ein angehängtes Pedal von zwei Oktaven Umfang.

Da die Kirche für die stark anwachsende Bevölkerung bald zu klein wurde, folgte 1880–85 eine umfassende Erweiterung um Querschiff und neuen Chorraum, auch der Turm wurde errichtet. Die Orgel scheint bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts unverändert geblieben zu sein. Pfarrer Heinrich Lützeler, der von 1889 bis 1911 in Bickendorf amtierte, bemühte sich um die Anschaffung einer neuen, größeren Orgel. Über die Umsetzung des Vorhabens ist uns nichts bekannt. Kirche und Orgel fielen schließlich am 31. Mai 1942 einem Brandbombenanschlag zum Opfer und wurden komplett zerstört.

Bereits am 23. August 1946 konnte der Grundstein zum Wiederaufbau der Kirche in vereinfachten Formen gelegt werden (Architekt: Hans Peter Fischer). Die Einweihung wurde 1949 gefeiert, 1954 war die Kirche fertiggestellt. 1966 wurde der Kirchenraum durch Walter Prinz künstlerisch neu gestaltet. Weitere Renovierungen erfolgten 1982 und 1999.

Zunächst schaffte man 1950 eine kleine Behelfsorgel mit neun Registern von der Orgelbaufirma Karl Kamp in Aachen an. 1957 ergab sich die Möglichkeit, eine gebrauchte Orgel aus der ev. Stadtpfarrkirche Moers anzukaufen. Diese war 1912 von Paul Faust (Barmen) in ein historisches Gehäuse von Gerhard Schrey (1787) gesetzt worden. Die Orgelbauwerkstatt Willi Peter (Köln-Mülheim), die 1959 für Moers eine neue Orgel baute, versetzte die Faust-Orgel – allerdings ohne das historische Gehäuse – nach Bickendorf.

In den folgenden 22 Jahren bis 1979 führte die Fa. Peter in mehreren Arbeitsphasen sukzessive einen kompletten Umbau der Orgel durch, wobei die pneumatischen Kegelladen durch elektrische Schleifladen ersetzt und die ursprünglich 39 auf 40 Register bei veränderter Disposition erweitert wurden.

Schon bald zeigte sich immer deutlicher der Bedarf größerer Reparaturen, so dass eine größere Renovierungsmaßnahme unumgänglich war. Diese führte die Orgelbauwerkstatt Johannes Klais (Bonn) im Jahr 2001 durch. Neben einer grundlegenden technischen und klanglichen Überholung erhielt die Orgel auch einen neuen Spieltisch, der mit zahlreichen elektronischen Neuerungen und Anschlussmöglichkeiten ausgestattet wurde.

Der Spieltisch steht frei und zentral vor der Orgel und verfügt sowohl über eine Setzeranlage als auch – für den liturgischen Gebrauch – zwei freie Kombeinationen, die über jeweils zwei hölzerne Wippen oberhalb der Registerwippen eingestellt werden. Mittig über den Manualen sind die Digitalanzeigen für Crescendo, Setzer und Schwellerstand angebracht. In einer Schublade an der linken Spieltischseite können über Schlüssel die verschiedenen Setzer angesteuert werden. Die Navigation in den einzelnen Setzern wird über die hölzernen Druckschalter an der rechten Spieltischseite durchgeführt. An mehreren Stellen sind Schalter und Pistons für die Sequenzer untergebracht. Die freien Kombinationen sowie Tutti und Ausschalter werden über Druckknöpfe unter dem ersten Manual betätigt. Unter den Pedalregisterschaltern und an der rechten Spieltischseite sind die Diskettenlaufwerke eingebaut. Jalousieschweller (drittes Manual) und Registercrescendo werden über Kipptritte bedient.

Der Untersatz 32' wird als Sample-Register elektronisch erzeugt (ist die elektronische Anlage nicht eingeschaltet, erklingt stattdessen ein 4'-Register). Neben den Sub- und Superkoppeln ermöglicht die Abschaltung der Aequallage in den Manualen die Verwendung neuer Klangfarben-Kombinationen. Über eine MIDI-Schnittstelle ist die Orgel mit verschiedenen Computersystemen koppelbar; außerdem steht im Kirchenraum ein Masterkeyboard zur Steuerung der Orgel von unten zur Verfügung. Diese techischen Einrichtungen tragen deutlich die Handschrift des Kirchenmusikers Wilfried Kaets, der seit 1990 in St. Rochus wirkt.

Die Orgel hat kein geschlossenes Gehäuse. Das in der Front von einem Holzrahmen umschlossene Positiv in der Mitte der Orgel wird von dem in C- und Cis-Seite aufgeteilten Hauptwerk umschlossen. Dahinter im Turmzimmer steht das Schwellwerk, dessen weiße Schwellerjalousien oberhalb des Positivs deutlich erkenntbar sind. Flankiert wird der Prospekt von den beiden Pedaltürmen, die aus den großen Holzpfeifen des Subbass 16' gebildet sind.

I. HAUPTWERK | C–g³

Quintadena 16’

Prinzipal 8’

Gemshorn 8’

Octave 4’

Rohrflöte 4’

Quinte 2 2/3’

Octave 2’

Terz 1 3/5’

Mixtur 5–6f.

Scharf 3f.

Trompete 8’

Regal 8’

Tremulant

II/I

III/I

Super I-I

Sub I-I

Aequallage ab 

II. POSITIV | C–g³

Gedackt 8’

Offenflöte 4’

Prinzipal 2’

Sifflöte 1 1/3’

Sesquialtera 2f.

Cimbel 3f.

Schalmei 8’

Tremulant

III/II

Super II/II

Sub II/II

Aequallage ab 

III. SCHWELLWERK | C–g³

Bordun 16’

Großgedeckt [8’]

Harfpfeife 1–2f. 8’

Prinzipal 4’

Flöte 4’

Nasard 2 2/3’

Nachthorn 2’

Blockflöte 1’

Terzsept 2f.

Mixtur 5–6f.

Basson 16’

Trompette harmonique 8’

Clairon 4’

Tremulant

Super III/III

Sub III/III

Aequallage ab 

PEDAL | C–f¹

Prinzipal 16’

Subbass 16’

Octavbass 8’

Gedacktbass 8’

Choralbass 4’

Untersatz 32’

Posaune 16’

Trompete 8’

I/P

II/P

III/P 


Elektronische Setzeranlage mit Sequenzern und 5 Schlüsseln, Tutti; zwei freie Kombinationen; Handregister; Registercrescendo (frei einstellbar); MIDI-Interface mit Aufnahmemöglichkeit / Diskettenlaufwerk; Digitalanzeigen für Crescendo, Setzer und Schwellerstand.

Elektrische Schleifladen.


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D-50827 Köln-Bickendorf | Rochusstraße 98


Quellen und Literatur: Franz-Josef Vogt, Franz Wilhelm Sonreck (1822–1900). Untersuchungen zum Leben und Schaffen eines rheinischen Orgelbauers, Köln 1978, S. 289–291 ⋄ www.rochuskirche.de [07.06.2025] ⋄ Eigener Befund.

Nr. 229 | Diese Orgel habe ich am 21.01.2005 in einem Konzert gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 07.06.2025.