Orgel: Gerhard Janssen Schmid („Schmid I“) (Oldenburg), 1836.
Die Elsflether Nicolai-Kirche ist eine der ganz seltenen im sog. Winkelhakenbau. Nach den großen Flutkatastrophen begann man 1503 mit dem Bau eines Bethauses, dem 1575 ein Glockenturm hinzugefügt wurde. Da die Kirche bald zu klein wurde, erweiterte man sie 1624 durch einen zweiten Kirchflügel in Nord-Süd-Richtung, der 1633 und 1690 wiederum erweitert wurde. Die letzte Kirchenrenovierung fand 1986/93 statt.
Die erste Orgel wurde 1692 nach der Kirchenerweiterung für 69 Rthl. von der Witwe des Bremer Domorganisten Scheel erworben. Die erste Reparatur ist 1706 durch Arp Schnitger dokumentiert – seinem Bericht zufolge hatte die Orgel sechs Register und war in einem denkbar schlechten Zustand. Nach seiner Beschreibung können wir davon ausgehen, dass die Orgel 1692 gebraucht angeschafft worden und schon älteren Datums war.
Am 29. Dezember 1719 wurde mit dem Hannoveraner Orgelbauer Christian Vater der Vertrag zum Bau einer neuen Orgel mit 16 Registern geschlossen. Das Werk war 1721 fertiggestellt. Einem Inventarverzeichnis von 1775 zufolge war die Disposition offenbar größer ausgeführt worden als ursprünglich veranschlagt – es werden 20 Register benannt. Die Orgel, die sich Ende des 18. Jahrhunderts in einem schlechten Zustand befand, wurde 1797/98 durch den „angeblichen Orgelbauer“ H. R. B. Köster für 300 Rthl. repariert. Dass die Orgel dadurch nicht unbedingt verbessert wurde, geht aus dem Orgelverzeichnis des Oldenburger Orgelbauers Johann Wilhelm Krämershoff von 1803 hervor, der schreibt, die Orgel sei „überall gebrechlich und durch Stümperhände teils verdorben“. 1835 wurde die Orgel durch ein Feuer in der Kirche so stark beschädigt, dass sie nicht mehr verwendet werden konnte.
Daraufhin wurde Gerhard Janssen Schmid („Schmid I“) aus Oldenburg mit dem Bau einer neuen Orgel beauftragt, die 1836 fertiggestellt war. Das Instrument erhielt 19 Register und im Pedal mechanische Kegelladen – es passt sich mit seinem klassizistischen Prospekt sehr gut in den Kirchenraum ein. 1909 führte der Enkel des Erbauers, Johann Martin Schmid („Schmid III“) einen ersten Umbau der Orgel durch. Dabei wurden alle Pfeifen um einen Ganzton aufgerückt und die Disposition in einigen Punkten verändert. Das Pedal erhielt nun pneumatische Kegelladen. 1937 ist eine Reparatur durch die Orgelbauwerkstatt E. F. Walcker & Cie. (Ludwigsburg) nachgewiesen.
1954/55 führte Alfred Führer (Wilhelmshaven) einen weiteren Umbau der Orgel durch. Dabei wurde die pneumatische Pedallade den Manualladen entsprechen als Schleiflade gebaut, und anstelle der Kastenbälge erhielt die Orgel einen neuen Magazinbalg sowie einen neuen Motor. Die Disposition wurde im neobarocken Sinne verändert und auf 20 Register erweitert. 1969 mussten Brand- und Wasserschäden behoben werden, und 1970 baute die Fa. Alfred Führer (Wilhelmshaven) neue Manualklaviaturen ein.
1993 erfolgte durch die Fa. Alfred Führer unter Leitung von Fritz Schild eine Renovierung des Instruments, wobei die Disposition von 1955 unverändert belassen wurde. Die jüngste Renovierung nahm Martin ter Haseborg (Orgelbau in Ostfriesland, Uplengen) 2016 vor: Neben einer Reinigung und Schimmelbehandlung senkte er den Winddruck von 68 auf 65 mmWS. Von den 20 Registern sind noch 13 originale Stimmen von 1836 erhalten.
I. HAUPTWERK | C–f³
Quintade 16' [ab cº] *
Principal 8' *
Hohlflöte 8' *
Oktave 4' *
Rohrflöte 4' *
Nasard 2 2/3'
Waldflöte 2' *
Mixtur 4f. [1']
Trompete 8'
Manualkoppel
II. BRUSTWERK | C–f³
Lieblich Gedackt 8' *
Flöte 4' *
Principal 2' *
Sifflöte 1'
Sesquialtera 2f.
Scharff 3f. [2/3']
PEDAL | C–d¹
Subbass 16' *
Oktavbass 8' *
Choralbass 4' *
Nachthorn 2'
Posaune 16' *
Pedalkoppel [zum HW]
* = Register von 1836
Mechanische Schleiflade.
D-26931 Elsfleth, Nicolai-Platz
Quellen und Literatur: Walter Kaufmann, Die Orgeln des Alten Herzogtums Oldenburg, Oldenburg 1962, S. 62f ⋄ Fritz Schild, Orgelatlas der historischen und modernen Orgeln im
Gebiet der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Wilhelmshaven 2008, Nr. 63 ⋄ Orgelbau Alfred Führer ⋄ Eigener Befund.
Nr. 528 | Diese Orgel habe ich am 13.10.2017 im Rahmen eines Konzerts gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 03.04.2025.
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© Dr. Gabriel Isenberg, 2023/25