Goldenstedt

Kath. St. Gorgonius

Orgel: Emanuel Kemper & Sohn (Lübeck), 1952.


© Gabriel Isenberg, 09.06.2020
© Gabriel Isenberg, 09.06.2020

In der alten romanischen Kirche von Goldenstedt, deren Vorgeschichte bis ins 8. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, bestand seit der Reformation bis 1850 das weltweit einzigartige Simultaneum mixtum, d. h. dass Katholiken und Protestanten gemeinsam Gottesdienste feierten. Die Kirche wurden vermutlich nach einem Gewölbe-Einsturz 1616 erneuert. Die heutige St.-Gorgonius-Kirche im neoromanisch-gotischen Übergangsstil entstand in den Jahren 1908 bis 1910 nach Plänen des Bremer Baurats Heinrich Flügel.

Bis Ende des 17. Jahrhunderts scheint es (zumindest nachreformatorisch) keine Orgel in Goldenstedt gegeben zu haben. Denn es wird berichtet, dass Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen eine Orgel habe aufstellen lassen wollen, um die Lutheraner am Gesang zu hindern, was jedoch durch seinen Tod 1678 nicht zustande kam. Mitte der 1690er Jahre scheint dann schließlich doch eine kleine Orgel angeschafft worden zu sein, die im Visitationsprotokoll von 1698 und in den Kirchenrechnungen 1698/99 erwähnt wird. Der Erbauer ist nicht bekannt – es könnte aber ein Werk des Herforder Orgelbauers Hinrich Klausing gewesen sein, der in dieser Zeit in der Region vielfach tätig war. 1836 wird erstmals die acht Register umfassende Disposition der Orgel genannt. Dies geschah im Rahmen der Planungen zu einem Umbau der Orgel, der in den Jahren bis 1841 durch Johann Bernhard Kröger durchgeführt wurde. Kröger hatte sich um 1825 als Orgelbauer in Goldenstedt selbständig gemacht. 1875 baute dessen Sohn Arnold Kröger eine neue Orgel mit 20 Registern; die alte Orgel wurde nach Garrel verkauft, wo sie allerdings nur noch wenige Jahre Bestand hatte.

Die Kröger-Orgel scheint 1910 zunächst unverändert in die neue Kirche übertragen worden zu sein. 1934 erfolgte ein Umbau durch Otto Ritter, der die Orgelbauwerkstatt Krögers in Goldenstedt übernommen hatte – dabei wurde die Disposition auf 21 Register erweitert.

Die heutige Orgel erhielt die Kirche 1952 von der Lübecker Orgelbaufirma Emanuel Kemper & Söhne. Das 36 Register große Instrument steht auf pneumatisch gesteuerten Taschenladen und ist größtenteils in dem geräumigen Turmraum aufgestellt, während das Rückpositiv in der Emporenbrüstung steht. Der freistehende Spieltisch ist auf der linken Emporenseite aufgestellt.

Eine Reparatur erfolgte 1990 durch die Orgelbauwerkstatt Alfred Führer (Wilhelmshaven). Doch schon in dieser Zeit bescheinigten Gutachten der Kemper-Orgel sowohl klangliche wie auch gravierende technische Mängel und empfahlen auf lange Sicht den Bau einer neuen Orgel. Dazu ist es bis heute nicht gekommen. Die Orgel befindet sich in einem schlechten Zustand; und trotz einiger klangschöner Einzelstimmen kann das Instrument – auch durch seine ungünstige Aufstellung im Turmraum – den großen Kirchenraum kaum angemessen ausfüllen. Vor Ort zeigt man leider wenig Interesse an der Anschaffung einer adäquaten neuen oder gebrauchten Pfeifenorgel; seit einigen Jahren wird hauptsächlich eine Digitalorgel verwendet.

I. RÜCKPOSITIV | C–g³

Quintade 8'

Sing. Gedackt 8'

Prinzipal 4'

Hohlflöte 4'

Waldflöte 2'

Quinte 1 1/3'

Sesquialtera 2f.

Scharff 4f.

Krummhorn 8'

Tremulant

Koppel III-I

II. HAUPTWERK | C–g³

Prinzipal 8'

Holzflöte 8'

Gemshorn 8'

Oktave 4'

Gedackt 4'

Oktave 2'

Rauschpfeife 2f.

Mixtur 6-8f.

Trompete 8'

Koppel III-II

Koppel I-II

III. KRONENWERK (SW) | C–g³

Gedackt 16'

Spillpfeife 8'

Strichflöte 8'

Doppelflöte 4'

Weidenpfeife 4'

Quinte 2 2/3'

Gemshorn 2'

Sedez 1'

Septime 4/7'

Scharff 4f.

Vox-humana 8'

Tremulant

PEDAL | C–f¹

Prinzipalbass 16'

Subbass 16'

Oktavbass 8'

Gedacktbass 8'

Choralbass 4'

Rauschpeife 4'

Posaune 16'

Koppel III-P

Koppel II-P

Koppel I-P


3 freie Kombinationen, 2 freie Pedalkombinationen, Handregister, Tutti, Crescendowalze mit Absteller, Automatische Pedalumschaltung, Einzelabsteller Zungen.

Elektropneumatische Taschenladen.


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D-49424 Goldenstedt | Kirchstraße


Quellen und Literatur: Winfried Schlepphorst, Der Orgelbau im westlichen Niedersachsen, Kassel u. a. 1975, S. 104–106 ⋄ Archiv der Orgelsachberatung im BMO Vechta ⋄ Eigener Befund.

Nr. 506 | Diese Orgel habe ich zum ersten Mal am 24.10.2015 im Rahmen eines Gottesdienstes gespielt und danach auch in meiner Funktion als Orgelsachverständiger untersucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 07.06.2025.