Lübeck

Ev.-luth. Dom – italienische Orgel

Orgel: Biagio de Rosa (Cardito), 1777 (seit 2000 in Lübeck).


© Gabriel Isenberg, 12.06.2025
© Gabriel Isenberg, 12.06.2025

Im Dom zu Lübeck steht seit November 2000 eine nahezu unverändert erhaltene neapolitanische Orgel. Dieses Instrument wurde laut einer Gehäuseinschrift (zum Teil hinter dem Notenpult sichtbar) von dem Orgelbauer Biagio de Rosa aus Cardito (nördlich von Neapel) im Jahr 1777 erbaut. Über Leben und Werk des Orgelbauers, dessen Name auch als Blasius di Rosa oder in ähnlichen Varianten überliefert ist, ist nicht viel bekannt. Als er sich 1784 für den Orgelbau der königlichen Kapelle in Caserta bewarb, führte er mehrere bis dahin erbaute Orgeln auf, darunter Instrumente in Casandrino, Pascarola und Aversa. Erhalten haben sich weitere Instrumente von Biagio de Rosa u. a. in der Kirche Santa Galla in Rom (1754) sowie – nahezu baugleich mit dem Lübecker Instrument – in der Chiesa di Santa Croce in Giovi bei Salerno (1777).

Der ursprüngliche Standort des Lübecker Instruments ist nicht bekannt. Die Orgel befand sich längere Zeit in Privatbesitz und wurde in einem Lager deponiert. Durch eine Initiative der Musikhochschule Lübeck konnte die Orgel mithilfe der Finanzierung durch die Dräger-Stiftung München-Lübeck erworben werden. Zunächst wurden Orgelgehäuse, Balganlage und Windlade durch den italienischen Orgelbauer Barthélémy Formentelli (Verona) instandgesetzt. Es folgten restaurative Arbeiten an Mechanik und Pfeifenwerk durch Jürgen Ahrend (Leer/Ostfriesland), der außerdem einen elektrischen Gebläsemotor anbrachte. Für die Anpassung an die ursprüngliche Tonhöhe (a¹ = 415 Hz) mussten die Pfeifen, die bei einem früheren Eingriff (vermutlich um die Wende zum 20. Jahrhundert) verkürzt worden waren, wieder angelängt werden.

Im Februar 2000 kam die Orgel vorübergehend in die St.-Petri-Kirche Lübeck und stand dann von Mai bis Oktober 2000 als Leihgabe im Rahmen des EXPO-2000-Kulturprogramms in der Marktkirche Hannover. Im November 2000 kehrte sie wieder nach Lübeck zurück, wo sie nun ihren Standort im Dom fand. Anlässlich des Internationalen Symposiums „Faszination Schnitger-Orgel“ im Januar 2002 erhielt die Orgel ihren endgültigen Standort im Taufrund des Lübecker Doms.

Das Instrument verfügt über ein Manual mit kurzer großer Oktave und ein angehängtes Pedal. Die unbeschrifteten Registerzüge befinden sich alle an der rechten Seite der Spielanlage – außen die Züge für das Ripieno, innen die beiden Flötenregister und die Voca umana; der Zug ganz unten ist für Tiratutti. Hinter einer Klappe an der linken Seite der Spielanlage sind die Nebenregister Usignolo (Vogelgesang) und Tromba (Zungenpfeifen C und G als „Dudelsack-Bordun“) versteckt. Die Stimmtonhöhe liegt bei a¹ = 415 Hz, die Temperierung ist mitteltönig.

MANUAL | C/E–c³
Principale [8']
Ottava [4']
XV [2']
IXX [1 1/3']
XXII [1']
XXVI [2/3']
XXIX [1/2']

– Tiratutti –


Flauto in Ottava [4']
Voce Umana Soprani [8']
Flauto in Duodecima [2 2/3']

PEDAL | CDEFGABH

angehängt


Usignolo, Tromba.

Mechanische Springlade.


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D-23552 Lübeck | Mühlendamm 2–6


Quellen und Literatur: Dietrich Wölfel, Die wunderbare Welt der Orgeln – Lübeck als Orgelstadt, Lübeck 2004, S. 335f ⋄ Organ. Journal für die Orgel 2/2000, S. 59 ⋄ Francesco Nocerino, Suoni da riscoprire. Antichi organi a canne di Ischia, Napoli 2018, S. 90 ⋄ Eigener Befund.

Nr. 700 | Diese Orgel habe ich am 12.06.2025 im Rahmen der VOD/BDO-Studientagung in Lübeck besucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 16.06.2025.