Orgel: Martin Cladders (Badbergen), 2000.
Gehäuse: Unbekannt, um 1680.
Die Kirche des 1194 in Malgarten bei Bramsche eingerichteten Benediktinerinnenklosters stammt aus der Zeit um 1230 und ist im romanisch-gotischen Übergangsstil erbaut. Die erste Orgel dürfte 1486 erbaut worden sein, denn in dem auf dieses Jahr datierten Rechnungsbuch der Priorin Katharina von Roden ist von einem „mester lubbert“ die Rede, der die Struktur, d. h. die Verzierungen zum Orgelgehäuse anfertigte. Diese Orgel scheint jedoch nur wenig später bei dem großen Klosterbrand 1490 zerstört worden zu sein. In der wiederhergestellten Kirche baute Hinrik Schurmann, Organist am Dom zu Osnabrück, 1511 eine neue Orgel.
Über die weitere Orgelgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts gibt es keinerlei Nachrichten. Erst um 1680 dürfte die alte Orgel im Zuge der Neuaustattung der Klosterkirche abgebrochen und eine neue gebaut worden sein. Doch auch über diesen Orgelneubau sind keine Dokumente erhalten. Ende des 17. Jahrhunderts wirkten die westfälischen Orgelbauer Reinking aus Bielefeld sowie Claus Hermann Lampe aus Levern in der Gegend – sie kämen für den Malgartener Orgelbau infrage (aufgrund der Gehäuseformen vor allem Lampe). Allerdings zeigt das bis heute erhaltene Gehäuse in seiner etwas gedrungenen Gestalt auch markante Ähnlichkeiten zu den Orgeln des 1676 verstorbenen norddeutschen Orgelbauers Berendt Hus, etwa in Langwarden und Glückstadt. Somit könnte Hus auch der Erbauer der Orgel in Malgarten gewesen sein. Erhaltene Spuren am Gehäuse deuten darauf hin, dass die Orgel ursprünglich eine kurze Oktav und einen Tonumfang bis c³ sowie zehn Registerzüge (bei geteilter Trompete also vermutlich neun Register) hatte.
Im Jahr 1743 muss eine Reparatur stattgefunden haben und die Orgel innerhalb der Kirche versetzt worden sein, wie alten Aufzeichnungen zufolge aus einer Pfeifeninschrift hervorging. Über die Versetzung innerhalb der Kirche kann man auch aus Eintragungen in den Klosterrechnungen schließen, die nochmals 1776/77 eine weitere Umsetzung dokumentieren.
1802 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgehoben. Da die ehemalige Klosterkirche aber weiterhin als Pfarrkirche genutzt wurde, konnte die Orgel stehen bleiben. 1826 nahm der in Damme ansässige Orgelbauer Friedrich Wilhelm Haupt einen durchgreifenden Umbau der Orgel vor, wie aus einer Inschrift hervorgeht. Da die bisherige Nonnenempore nun überflüssig geworden war, entstand an ihrer Stelle eine neue Orgelempore, auf der das Instrument durch Haupt aufgestellt wurde. Bislang hatte die Orgel ihren Platz offenbar auf einer Empore auf der rechten Seite des Kirchenschiffs gehabt. Haupt erweiterte die Orgel um die bisher in der großen Oktave fehlenden vier Töne, baute vermutlich eine neue Windlade und rückte dementsprechend die alten Prospektpfeifen um, die er dazu in der Länge anpasste. Die Umbauarbeiten waren im Laufe des Jahres 1827 abgeschlossen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die abgängige Orgel durch einen Neubau in dem barocken Gehäuse ersetzt. Rudolf Haupt (Osnabrück) baute 1907 ein Werk mit zehn Registern (I: Bordun 16', Principal 8', Fugara 8', Harmonieflöte 8', Octave 4'; II: Salicional 8', Gedackt 8', Flaut amabile 4'; P: Subbass 16', Principal 8') auf pneumatischen Kegelladen. Bemerkenswerterweise blieben dabei auch die historischen (nun stummen) Prospektpfeifen erhalten, die auch vor der Ablieferung im Krieg verschont blieben.
1992 wurde die inzwischen unspielbare Orgel abgebrochen und das Pfeifenwerk zur Wiederverwendung eingelagert. Zunächst benutzte man nun eine Interimsorgel der Fa. Kreienbrink (Osnabrück, 1965), bis schließlich im Dezember 2000 die neue Orgel aus der Werkstatt von Martin Cladders in Badbergen eingeweiht werden konnte. Aus der Zeit um 1680 sind das restaurierte Orgelgehäuse sowie die neu mit Zinnfolie belegten Prospektpfeifen erhalten; das Schnitzwerk wurde repariert bzw. nach altem Muster ersetzt und ergänzt. Da die Orgel wieder zwei Manuale erhalten sollte, für zwei separate Laden aber nicht genügend Platz in dem Gehäuse war, wurden die Manualregister auf eine durchschobene Lade gesetzt, deren Konstruktion es erlaubt, dass die drei Flötenregister durch Wechselschleifen im I. sowie im II. Manual gespielt werden können – außerdem ist die Quinte 1 1/3' als Vorabzug der Mixtur eingerichtet. Da die Spielanlage wieder in das Untergehäuse eingebaut wurde, ließ die originale Tafelbreite nur einen maximalen Tonumfang von C bis d³ zu. Das Pfeifenwerk besteht größtenteils aus älteren Pfeifen aus Lagerbeständen, nur Rohrflöte 4' und Spitzflöte 2' sowie die Innenpfeifen des Praestant 4' wurden neu gebaut.
Somit präsentiert sich die Malgartener Orgel heute nicht als Rekonstruktion eines fiktiven früheren Zustands, sondern bildet ein eigenständiges Werk, das sich jedoch am barocken Klangaufbau orientiert. Mit ihrer füllig-warmen, klaren Intonation vermag die kleine Orgel den Kirchenraum gut auszufüllen.
I. MANUAL | C–d³
Gedackt 8'
*Floete 8'
Praestant 4'
*Rohrfloete 4'
Octave 2'
*Spitzfloete 2'
Quinte 1 1/3' [Vorabzug]
Mixtur
Koppel II-I
II. MANUAL | C–d³
*Floete 8'
*Rohrfloete 4'
*Spitzfloete 2'
Quinte 2 2/3'
Terz 1 3/5'
PEDAL | C–f¹
Subbass 16'
Koppel II-P
Koppel I-P
Mechanische Schleiflade mit drei Wechselschleifen.
D-49565 Bramsche | Am Kloster 6
Quellen und Literatur: Herbert Brügge, die Geschichte der Orgeln in der Klosterkirche zu Malgarten, [Faltblatt o. J.] ⋄ Anton Behrens, Malgarten. Die stille Insel. Das ehemalige
Benediktinerinnenkloster und die heutige Pfarrkirche St. Johannes Evanglist, [o. J.] ⋄ Angaben zur Malgartener Kirchen- und Orgelgeschichte bei wiki.genealogy.net [24.05.2025], offenbar nach älteren
Quellen zusammengestellt ⋄ Frdl. Mitteilung OBM Martin Cladders, Badbergen ⋄ Eigener Befund.
Nr. 497 | Diese Orgel habe ich zum ersten Mal am 25.10.2014 gespielt.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 24.05.2025.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023/25