Orgel: Johannes Klais (Bonn), 1975.
Erweiterung: Hugo Mayer (Heusweiler), 2000.
St. Johann in Saarbrücken war in vorreformatorischer Zeit die erste Tochterkirche des Stifts St. Arnual. Sie existerte vermutlich schon im ersten christlichen Jahrtausend, gesichert ist ihre Existenz ab dem 13. Jahrhundert. Nach Einführung der Reformation 1575 feierte man ab 1683 in St. Johann wieder katholische Messen. Die heutige Basilika St. Johann wurde in den Jahren 1754 bis 1758 nach den Plänen des berühmten Saarbrücker Architekten Friedrich Joachim Stengel gebaut. In ihrem lichten Rokokostil überzeugt der Bau durch seine klaren Formen und die Ausgewogenheit der Elemente. Mit großem Aufwand wurde die Basilika 1964–75 nach den historischen Plänen restauriert. Papst Paul VI. erhobt die Kirche 1975 zur Basilica minor. Seit 2005 ist St. Johann „Citykirche“ im Rahmen der Citypastoral der neuen Pfarrei St. Johann.
Die erste Orgel in der 1758 eingeweihten Basilika soll von den Gebr. Stumm aus Rhaunen-Sulzbach erbaut worden sein; vermutlich kam sie 1789 auf die durch den Bildhauer Heinrich Heideloff gestaltete, neu eingezogene Empore. 1879 baute die Firma Heinrich Voit & Söhne aus Durlach eine neue Orgel, die über 24 Register auf Haupt- und Schwellwerk und Pedal verfügte.
1933 wurde die Voit-Orgel durch einen Neubau der Orgelbauanstalt Johannes Klaus in Bonn abgelöst. Das Opus 786 des renommierten Betriebs stand mit seinen 39 Registern (plus 6 Extensionen) ganz im Zeichen der Orgelbewegung, die hier „eine Erfüllung erfahren [hat], die wohl nicht mehr überboten werden kann“, wie es der damalige Organist und Chordirektor Jakob Schorr formulierte. Das äußere Erscheinungsbild wurde durch das gehäuselos auf einem in die Breite gezogenen schlichten Gehäusekasten aufgestellte Pfeifenwerk geprägt, die vier Manualwerke (Hauptwerk, Brustwerk, Schwellwerk und Echowerk) wurden von drei Manualen aus angespielt.
Im Zuge der umfassenden Restaurierung und Rebarockisierung der Kirche wurde 1975 erneut von der Firma Klais in Bonn eine neue Orgel erbaut, deren 42 Register umfassende Disposition von dem damaliugen Basilikaorganisten Dr. Theo Klein entworfen wurde. Rund ein Drittel des Pfeifenmaterials stammte aus der Vorgängerorgel von 1933. Das neu angefertigte Gehäuse wurde dem der Stumm-Orgel in der benachbarten Ludwigskirche nachempfunden und von einer Schnitzschule aus der Rhön ausgeführt – es passt sich wunderbar in die Formen des Kirchbaus ein. Mit der klanglichen Konzeption des Instruments folgte Theo Klein dem Klangideal der italienischen Barockorgel mit ihrem durchsichtigen Klanggefüge.
Gewandelte klangliche Vorstellungen führten an der Schwelle zum 21. Jahrhundert zu dem Wunsch, die deutlich neobarock fokussierte Orgel für die umfangreichen Aktivitäten in Liturgie und Konzert stilistisch breiter auszustatten. So wurde ein Konzept zur Erweiterung der Orgel entwickelt: Die barock ausgerichtete Hauptorgel („italienisches Werk“) sollte in ihrer Konzeption grundsätzlich unangetastet bleiben. Ergänzend dazu wurden nun auf den ehemaligen Fürstenlogen links und rechts neben dem Altarraum zwei neue Orgelwerke errichtet, die zum einen von einem eigenen Spieltisch als Chororgel gespielt werden können, zum anderen über den Hauptspieltisch als romantische Erweiterung der großen Orgel dienen. Die Arbeiten führte die Hugo Mayer Orgelmanufaktur aus Heusweiler bei Saarbrücken im Jahr 1999/2000 aus (Firmen-Opus 378).
Auf der linken Empore wurde die „Marienorgel“ als französisches Werk errichtet. Sie ist in ihrem Klangaufbau eine Kopie des Récit der Cavaillé-Coll-Orgel der Pfarrkirche Notre-Dame in Metz (der Partnergemeinde von St. Johann). Das Gehäuse wurde nach den Plänen des Saarbrücker Architekten Ernst Alt in Anlehnung an der Prospekt der Hauptorgel gestaltet (identische Harfenfelder, optische Pfeifenmensuren in Anlehnung an die große Orgel usw.). Die Prospektpfeifen der Marienorgel sind stumm. Das gesamte Pfeifenwerk ist auf die zwei Gehäuse verteilt und steht dort jeweils im Generalschweller. Während die Marienorgel vom Hauptspieltisch als ein Récit expressif gespielt wird, ist das Werk vom eigenen Spieltisch auf der Fürstenempore nochmals in zwei Werke mit getrennten Schwellern aufgeteilt, wodurch sich quasi eine eigenständige Orgel ergibt, die für vielfältige liturgische und konzertante Zwecke (etwa Werke mit zwei Orgeln) genutzt werden kann. Als Pedalregister ist Bourdon 16’ als Transmission ins Pedal geführt („Soubasse 16’“).
Auf der rechten Empore ist die „Ludwigsorgel“ als spanisches Trompetenwerk aufgestellt. Das Vorbild für die drei hinter dem Schauprospekt angebrachten Chamaden-Register ist die Trompeteria der Orgel in der Kathedrale von Salamanca (Echevarria 1744) mit am Schalltrichter aufgeworfenen Bechern. Die Ludwigsorgel ist nur vom Spieltisch der Hauptorgel aus spielbar.
Um der romantischen Erweiterung der Hauptorgel durch die beiden neuen Werke Rechnung zu tragen, wurden hinter dem Hauptgehäuse zwei neue 32’-Register aufgestellt, die dem Pedal nun das nötige
Fundament geben. Wenige Register wurden etwas grundtöniger nachintoniert. Der neue Hauptspieltisch ist mit fünf Manualen ausgestattet. Während die Hauptorgel auf dem I., II. und IV. Manual
spielbar ist, sind die beiden Fernorgeln vom III. und V. Manual aus zu bedienen. Diese beiden Manuale sind mit einer mechanischen Druckpunktsimulation ausgestattet, um das gleiche Spielgefühl wie
bei den mechanisch gesteuerten Hauptorgel-Werken zu gewährleisten. Die Register sind als Kippschalter zu beiden Seiten des nach ergonomischen Gesichtspunkten leicht gerundet angelegten Spieltisch
zu bedienen. Die Setzeranlage wird wie üblich über Druckschalter und Pistons gesteuert.
Durch die günstige Akustik des Kirchenraums sind die Chororgeln zwar als eigenständige Instrumente erkennbar, fügen sich aber dennoch optimal in das Gesamtklangbild ein, so dass ein romantisches
Schwellwerk direkt in der Hauptorgel nicht vermisst wird.
Als besonderes „Highlight“ erhielt die Orgel 2007 als weiteres Register eine Voix humaine 8' in honorem Papst Johannes Paul II. Die Pfeifen wurden am 17. Januar 2007 in Rom durch Papst Benedikt XVI. gesegnet und erklangen in Saarbrücken erstmals am Pfingstfest 2007. Das von der Fa. Mayer erbaute Register steht in einem eigenen Schwellkasten auf der rechten Chorempore und wird vom V. Manual aus gespielt (Schwelltritt des II. Manuals). Außerdem erhielt die Orgel noch ein Röhrenglockenspiel und die Nebenregister Cymbelstern, Rossignol und Cuculus.
I. HAUPTWERK | C–a³
Quintade 16’
Principal 8’
Holzflöte 8’ *
Bifaria 8’ [ab B]
Octave 4’
Blockflöte 4’
Quinte 2 2/3’
Superoctave 2’
Cornet 5f. [8’, ab bº] *
Mixtur 5f. 2’
Cymbel 3f. 1/2’
Trompete 8’
Vox humana 8’
II–I
III–I
IV–I
V–I
II. POSITIV (SW) | C–a³
Holzgedackt 8’
Salicional 8’
Principal 4’ [nicht im SW]
Rohrflöte 4’
Octave 2’
Spitzflöte 2’ *
Larigot 1 1/3’ *
Sesquialter 2f. [2 2/3’] *
Scharff 4f. 1 1/3’
Cromorne 8’
Hautbois 4’
Tremulant
III–II
IV–II
IV. BRUSTWERK | C–a³
Rohrflöte 8’ *
Gedackt 4’
Nasard 2 2/3’ *
Doublette 2’ *
Terz 1 3/5’ *
Sifflet 1’
Acuta 4f. 1/2’
Holzregal 16’
Tremulant
PEDAL | C–g¹
Untersatz 32’ [2000]
Principal 16’
Subbaß 16’ *
Octave 8’ *
Spielflöte 8’
Superoctave 4’
Waldflöte 2’ *
Hintersatz 4f. 2 2/3’
Contrafagott 32’ [2000]
Posaune 16’
Holztrompete 8’
Schalmey 4’
I–P
II–P
III–P
IV–P
V–P
III. RÉCIT EXPRESSIF | C–a³
– Marienorgel I. Manual–
Bourdon 16’ °
Diapason 8’
Flûte harmonique 8’
Flûte traversière 4’
Octavin 2’
Plein jeu 4f. 2’
Trompette harm. 8’
° = Transm. als Soubasse 16' im Pedal am Chororgelspieltisch
– Marienorgel II. Manual –
Cor de nuit 8’
Viole de gambe 8’
Voix céleste 8’
Basson 16’
Hautbois 8’
Clairon 4’
Tremblant forte [beide Man.]
V. CHAMADE | C–a³
– Ludwigsorgel –
Trompeta magna 16’
Trompeta real 8’
Clarin 4’
V. SOLO | C–a³
Voix humaine J. P. II 8’
Glockenspiel
Cymbelstern
Rossignol
Cuculus
* = Register aus der Klais-Orgel von 1933
Elektronische Setzeranlage (6336 Einzelkombinationen auf 99 Ebenen) mit Sequenzern, Tutti und Nulltaster, mit Schlüsselschalter.
Schleifladen; elektrische Registertraktur; Spieltraktur Hauptspieltisch: Hauptorgel mechanisch, III. und IV. Manual (Marien- und Ludwigsorgel) elektrisch mit Druckpunktsimulation; Spieltraktur Marienorgel separat mechanisch.
D-66111 Saarbrücken | Katholisch-Kirch-Straße 26
Quellen und Literatur: Michael Gerhard Kaufmann, Orgel mal drei, in: Orgel international 2000/2, S. 106–108 ⋄ Matthias Thömmes, Orgeln in Rheinland-Pfalz und im Saarland, Trier,
1981 ⋄ Bernhard H. Bonkhoff, Historische Orgeln im Saarland, Regensburg 2015, S. 250f ⋄ Werbeblatt der Fa. Klais zur Orgel von 1933 ⋄ www.chor-der-jesuitenkirche.de [28.04.2023] ⋄ www.saar-orgelland.de [archivierter Link] ⋄
www.orgelbau-mayer.de ⋄ https://leonardy.org ⋄ Eigener Befund.
Nr. 182 | Diese Orgel habe ich am 05.09.2003 im Rahmen einer Urlaubsreise besucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 06.06.2025.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023/25