Orgel: Ernst Seifert (Köln), 1914–18.
Bis zur Säkularisation gehörte die alte romanische Kirche in Werne, die ursprünglich dem heiligen Johannes dem Täufer gewidmet war, zum unweit gelegenen Kloster Cappenberg. Nach mehreren Bränden und dem Einsturz des Westturms wurde die Kirche Mitte des 15. Jahrhunderts durch Meister Roseer, den Erbauer des großen Ratschors der Dortmunder Reinoldikirche, erneuert. In einer weiteren Bauphase zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde der östliche Teil der Kirche erneuert. 1843–47 erfolgten größere Umbaumaßnahmen; der Turm erhielt 1905 einen neuen neugotischen Spitzhelm nach Plänen des Münsteraner Architekten Hilger Hertel d. J. Eine Kircheninnensanierung erfolgte in den Jahren 1995 bis 1998.
Im 17. Jahrhundert muss es bereits zwei Orgeln in der Kirche gegeben haben, wie einem Visitationsbericht von 1662 zu entnehmen ist. 1726 erhielt die Kirche eine neue Orgel – möglicherweise kommt als Erbauer dieses Werks ein Mitglied der Orgelbauerfamilie Heilmann aus Herbern in Frage. 1825 erhielt diese Orgel im Rahmen einer größeren Reparatur durch den Orgelbauer Johann Christoph Mellmann aus Dortmund ein neues selbständiges Pedal.
Die heutige Orgel der St.-Christophoruskirche entstand in der Zeit des Ersten Weltkriegs und wurde in den Jahren 1914 bis 1918 von der in Köln-Mannsfeld und Kevelaer ansässigen Orgelbauwerkstatt Ernst Seifert gebaut. Das Instrument verfügte über 55 Register auf drei Manualen und verkörperte in seiner Disposition die Ästhetik der Spätromantik. Das Ladensystem war die von der Firma Seifert eigens entwickelte pneumatische Membranenlade.
Die Orgel überstand den Zweiten Weltkrieg unbeschadet. Dagegen wurde sie 1949 von der Firma Seifert im Sinne der Orgelbewegung neobarock umdisponiert, und die Traktur wurde elektrifiziert. Im Rahmen der Kirchenrenovierung Mitte der 1990er Jahre entschloss sich die Gemeinde zu einer grundlegenden Sanierung des Instruments. Unter der Leitung des Fachberaters Bernhard Terschluse wurde die Orgel 1997 durch die Orgelbauwerkstatt Romanus Seifert & Sohn in Kevelaer umfassend restauriert und auf den klanglichen Zustand von 1918 zurückgeführt. Dabei mussten die verlorengegangenen Register zum Teil rekonstruiert werden. Lediglich auf eine Repneumatisierung wurde verzichtet, da keine diesbezügliche historische Substanz mehr vorhanden war. Der heutige Spieltisch wurde nach modernen Maßstäben mit allen Spielhilfen samt Setzeranlage ausgestattet.
Das Orgelgehäuse ist auf beiden Seiten der Westempore aufgestellt, so dass der Blick auf das große Westfenster freibleibt. Das Schwellwerk befindet sich im linken Gehäuseteil und hat Jalousieklappen, die sich sowohl auf der Prospektseite als auch auf der Rückseite ins Seitenschiff hinein öffnen. Der Spieltisch steht zwischen beiden Gehäuseteilen auf der rechten Seite mit Blick auf die linke Gehäusehälfte. Die Register sind als Kippschalter rundbogenförmig neben den Manualen angeordnet. Die Spielhilfen sind in üblicher Weise als Druckknöpfe und Fußpistons angebracht.
I. HAUPTWERK | C–a³
Principal 16'
Bordun 16'
Principal 8'
Gamba 8'
Flaut major 8'
Dolce 8'
Gedackt 8'
Oktave 4'
Rohrflöte 4'
Quinte 2 2/3'
Oktave 2'
Cornett 4f. 4' ab gº
Mixtur 5f. 2'
Tuba 16'
Trompete 8'
Koppel III–I
Koppel II–I
Subkoppel II–I
Superkoppel in I
Superkoppel II–I
II. POSITIV | C–a³
Salicional 16'
Geigenprincipal 8'
Gemshorn 8'
Viola 8'
Rohrflöte 8'
Principal 4'
Traversflöte 4'
Viola dolce 4'
Waldflöte 2'
Sequialter 2f.
Larigot 3f. 2'
Oboe 8'
Tremulant
Koppel III–II
Subkoppel III–II
Superkoppel III–II
III. SCHWELLWERK | C–a³
Liebl. Gedackt 16'
St[entor] Flöte 8'
Violine 8'
Harmonieflöte 8'
Quintatön 8'
Aeoline 8'
Vox coelestis 8' ab cº
Fugara 4'
Flauto 4'
Flautino 2'
Sifflöte 1'
Harmonia 3f. 2 2/3'
Carillon 3f. 4'
Trompete 8'
Clarinette 8'
Vox humana 8'
Tremulant
PEDAL | C–f¹
Principalbaß 16'
Violon 16'
Subbaß 16'
Gedacktbaß 16'
Quintbaß 10 2/3'
Oktavbaß 8'
Cello 8'
Liebl. Gedackt 8'
Octave 4'
Posaune 16'
Trompete 8'
Trompete 4'
Koppel III–P
Koppel II–P
Koppel I–P
Setzeranlage (2x8x8) mit Sequenzern, Tutti und Nulltaster, Registercrescendo (1 und 2).
D-59368 Werne | Kirchhof 1
Quellen und Literatur: CD-Beiheft „Romantische Orgelmusik aus der Christophorus-Kirche Werne (Hans-Joachim Wensing)“ ⋄ Rudolf Reuter, Orgeln in Westfalen, Kassel u. a. 1965,
S. 260 ⋄ Martin Blindow, Orgelgeschichte der Stadt Dortmund, Münster 2008, S. 86 ⋄ Hannalore Reuter, Historische Orgeln in Westfalen-Lippe, Münster 2006, S. 348f ⋄ Eigener Befund.
Nr. 166 | Diese Orgel habe ich am 04.08.2003 im Rahmen der GdO-Orgeltagung in Bochum besucht.
© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 06.06.2025.
www.orgelsammlung.de
© Dr. Gabriel Isenberg, 2023/25