Drolshagen, St. Clemens (Basilika)

Orgel von Orgelbau Eisenbarth (Passau), 2018, im Gehäuse der Orgel der Gebr. Kleine (Freckhausen), 1787/88.


© Gabriel Isenberg, 30.09.2018
© Gabriel Isenberg, 30.09.2018

Die Pfarrkirche St. Clemens in Drolshagen ist eine romanische Basilika, die wahrscheinlich auf das 10. oder 11. Jahrhundert zurückgeht. Als 1235 das Zisterzienserinnenkloster gegründet wurde, fand eine Erweiterung der Kirche statt, die seitdem bis 1772 als Pfarr- und Klosterkirche genutzt wurde.

Vonseiten des Klosters wurde 1660 der Bau einer Orgel auf der Nonnenempore in Auftrag gegeben, die nur von den Ordensschwester genutzt werden durfte. Laut einer Inschrift im Gehäuse (das bis heute in Neuenkleusheim erhalten ist) war das Instrument offenbar 1663 fertiggestellt.

Lange Zeit gab es Streitigkeiten zwischen Kloster und Pfarrei, die auch das Orgelspiel betrafen. So wurden vonseiten der Gemeinde 1743 Verhandlungen mit Johann Henrich Kleine über den Bau einer neuen, zweiten Orgel geführt. In der Nacht vom 13. auf den 14. Juni 1744 wollten Gemeindemitglieder eigenmächtig einen Platz für die neue Orgel in der Kirche schaffen. Die vom Lärm aufgeweckten Nonnen versuchten die Eindringlinge zu vertreiben. Sie wurden zwar mit ein paar Steinwürfen verjagt, doch zur Aufstellung einer Orgel kam es dann nach einer Einigung zwischen Kirche und Kloster erst 1754.

Nachdem die Zisterzienserinnen die alte Orgel der Nonnenempore schließlich 1778 in ihre eigene, neu erbaute Klosterkirche übertrugen (1804 kam sie nach Auflösung des Klosters nach » Neuenkleusheim, wo sie bis heute erhalten ist), wurde 1782 mit Johann Gerhard Kleine der Vertrag zum Bau einer neuen Orgel für die Pfarrgemeinde beschlossen. Die Aufstellung begann 1787 auf der ehemaligen Nonnenempore; der Orgelbauer starb im Juli 1787 kurz vor Vollendung des Werks, das sein Bruder Johann Christian schließlich im Herbst 1788 vollendete. Nach diversen Reparaturen und Veränderungen (u. a. 1847/48 durch Hermann Loos aus Siegen) nahm der seinerzeit in Attendorn ansässige Orgelbauer Adolph Rieschick 1868 einen größeren Umbau vor, bei dem das vorhandene Pfeifenwerk auf zwei Manuale verteilt und das Gehäuse nach hinten in den Turmraum versetzt wurde. Das Ende der Barockorgel war endgültig 1928 besiegelt, als die Orgelbauanstalt Johannes Speith aus Rietberg eine neue pneumatische Kegelladenorgel mit 27 Registern hinter das barocke Gehäuse setzte.

Mit dem Anbau des neuen, großen Kirchenschiffs an der Südseite der Basilika verlor die Speith-Orgel im barocken Prospekt an Bedeutung. Sie wurde 1969 durch die Fa. Anton Feith (Paderborn) elektrifiziert und provisorisch mit der im neuen Kirchenschiff aufgestellten Orgel verbunden. Bei der Neukonzeption der » Orgel in der neuen Kirche 1981 fanden die Schwellwerkslade und weitere Bestandteile der Speith-Orgel in dem neuen Instrument Verwendung. Gleichzeitig mussten Überlegungen zu einer zukünftigen Orgel in der Basilika angestellt werden. Entgegen der Ratschläge vonseiten der Denkmalpflege wurde das Instrument 1987 unter Verwendung alten Pfeifenmaterials (etwa neun Register von 1928) durch die Firma Gebr. Stockmann (Werl) als neobarock konzipierte Schleifladenorgel wiederhergestellt und mit der Orgel im neuen Kirchenschiff über elektrische Trakturen verbunden. Klanglich und technisch konnte diese Lösung aber nie ganz zufriedenstellen.
Im Rahmen der umfassenden Restaurierung der Basilika in den Jahren 2016–18 erhielt die Passauer Orgelbauwerkstatt Eisenbarth den Auftrag zum Bau einer neuen, 31 Register umfassenden Orgel im historischen Gehäuse von 1787. Die Einweihung der neuen Orgel als Opus 387 der Fa. Eisenbarth fand am 11. Februar 2018 statt. Zehn Register aus der Orgel von 1987 fanden im Haupt- und Pedalwerk Wiederverwendung, Gemshorn 4' (teilweise) und Flöte 2' sowie die beiden 8'-Labialstimmen im Pedal stammen noch aus der Speith-Orgel von 1928.

Die Disposition vereinigt ein üppig klassisch disponiertes Hauptwerk mit einem eher romantisch geprägten Schwellwerk. Der Registerbestand beider Werke wird durch die Subkoppeln im Bassbereich erweitert. Mittig im Hauptgehäuse ist das Schwellwerk positioniert, das von dem in C- und Cis-Seite aufgeteilten Hauptwerk flankiert wird. Das Pedal ist in einem eigenen Gehäuse hinter dem Hauptgehäuse aufgestellt. Die mechanische Spieltraktur ist auch elektrisch ansteuerbar, um eine spätere Verbindung mit der Orgel im neuen Kirchenschiff zu ermöglichen.

I. HAUPTWERK | C–g³

Principal 8'
Hohlflöte 8'
Gedeckt 8'
Octave 4'
Gemshorn 4'
Quinte 2 2/3'
Octave 2'
Flöte 2'
Mixtur 4f. 1 1/3'
Trompete 8'
Clarino 4'
Glockenspiel
Koppel Sub I
Koppel II–I
Koppel Sub II–I

II. SCHWELLWERK | C–g³

Suavial 8'
Rohrflöte 8'
Gamba 8'
Vox coelestis ab c° 8'
Principal 4'
Flöte 4'
Nasat 2 2/3'
Waldflöte 2'
Terz 1 3/5'
Quint 1 1/3'
Sifflöte 1'
Oboe 8'
Tremolo
Koppel Sub II

PEDAL | C–f¹

Principalbass 16'
Subbass 16'
Offenbass 8'
Gedecktbass 8'
Choralbass 4'
Fagott 16'
Trompete 8'
Koppel II–P
Koppel I–P


Setzeranlage mit 10000 Kombinationen, davon 3000 mit Schlüsselschalter sperrbar, Touchscreen, MIDI.

Mechanische Schleiflade mit elektrischer Registertraktur.

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D-57489 Drolshagen | Kirchplatz


Quellen und Literatur: Gabriel Isenberg, Orgellandschaft im Wandel (Teil 1): Orgelinventar des Kreises Olpe von den Anfängen bis 1945, in: Westfalen. Hefte für Geschichte, Kunst und Volkskunde, Bd. 97 (2019), S. 96–101 ⋄ Eigene Forschungen, u. a. im Pfarrarchiv St. Clemens Drolshagen ⋄ Eigener Befund.

 

 

Nr. 535 | Diese Orgel habe ich erstmals am 30.09.2018 zur Vorbereitung auf ein Konzert wenige Tage später gespielt.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 26.08.2023.