Füssen, Friedhofskirche St. Sebastian

Orgel von Andreas Jäger (Füssen), 1772.


© Gabriel Isenberg, 18.10.2023
© Gabriel Isenberg, 18.10.2023

Die gotische St.-Sebastian-Kirche von 1507 am Rand der Altstadt von Füssen wurde 1721/25 mit einem neuen Langhaus nach Entwürfen von Johann Georg Fischer versehen. Für diese Kirche stiftete der aus Füssen gebürtige Pfarrer Joseph Socher 1734 kleine eine Orgel mit vier Registern, die Andreas Jäger als sein erstes Instrument erbaute, kurz nachdem er sich 1733 in Füssen niedergelassen hatte.

1772 übertrug Andreas Jäger die Orgel in die Spitalkirche Hl. Geist, wo sie bis heute erhalten ist. Für St. Sebastian baute er eine neue Orgel mit acht Registern – sie ist sein letztes vollendetes Werk vor seinem Tod am 24. April 1773: Somit umfasst die Orgelgeschichte der St.-Sebastian-Kirche quasi das Lebenswerk Andreas Jägers vom Anfang bis zum Ende.

Das 200 Gulden teure Instrument erhielt zwei bemalte Flügeltüren, mit denen der Klang (z. B. für die Begräbnisgottesdienste) gedämpft werden konnte. Neben den von Joseph Obermiller gemalten Bildern in monochromen Blautönen ist als Inschrift zu lesen: „TRANSEO. PURUS. · In Koth zwar schein. Bleib dennoch Rein. / SEMPER. ADISTUM. · Auf dero Lauf. Ich merke auf. / LUMINA. PORTAT. · Zu bringen den Tag. Alleinig vermag. / LUMINE. PLENUM. · Gantz und gar. Hell und Klar.“ In der Disposition zeigt sich bereits ein Wandel im Klangempfinden, indem die 8'-Lage deutlich stärker betont ist als noch bei Jägers früheren Instrumenten. Sehr edel im Klang ist der sanfte Prinzipal 8' aus Holz; die Flauto Traver 8', im Bass bis hº mit Copel zusammengeführt, ist im Diskant als fülliges, cantables Melodieregister zu verwenden.

Später hat die Orgel geringfügige Veränderungen erfahren, vermutlich durch den Orgelbauer Markus Müller 1945, so war die Gamba 8' urprünglich in 4'-Lage gebaut und das Cornet 2' war ab c¹ zweifach mit einer zusätzlichen 2 2/3'-Pfeifenreihe besetzt. Ansonsten ist die Orgel unverändert erhalten. Eindrucksvoll sind die in der Kirche allgegenwärtigen Darstellungen des Todes, so zum Beispiel das in der Emporenbrüstung dargstellte orgelspielende Skelett, das, auf einem Sarg sitzend, von hinten von einem feuerspeienden Drachen bedroht wird.

MANUAL | C/E–d³

Flauto Traver 8'

Principal 8'

Copel 8'

Gamba 8'

Octav 4'

Cornet [1f.] 2'

Mixtur [3f.] 1 1/3'

PEDAL | C/E–gisº

Sub Baß 16'

[feste Koppel ans Manual]


Mechanische Schleiflade.

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D-87629 Füssen | Alter Friedhof, Sebastianstraße


Quellen und Literatur: Alfred Reichling, Andreas Jäger (1704–1773) und seine Orgelbauten für Füssen, in: Stephan Hörner/Friedrich W. Riedel (Hrsg.), Abt Gallus Zeiler OSB (1705–1755) und die Musikpflege im Kloster St. Mang in Füssen, Tutzing 2007, S. 131–143 ⋄ Helene von Rechenberg, Zu Zierde und Lob der Kirchen. Der Füssener Orgelbauer Andreas Jäger (1704–73): ein Rundgang zu seinen Orgeln in Lechstadt, in. Organ. Journal für die Orgel, S 24–29 ⋄ Eigener Befund.

 

Nr. 658 | Diese Orgel habe ich am 18.10.2023 besucht.

© Dr. Gabriel Isenberg | Letzte Änderung: 27.10.2023.